Der rätselhafte Riggaraub

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»Hmmmpf!«, rief Rigga.

Sie schickte ein weiteres verzweifeltes »Hmmpfffffhhh!« hinterher, doch niemand hörte sie. Natürlich wegen diesem verdammten Knebel, der in ihrem Mund steckte.

Sie hatte in ihrem Bett gelegen und schön vor sich hergeträumt, als ihr etwas Stinkendes auf den Mund gepresst wurde. Es war zu dunkel gewesen, um etwas zu erkennen, und sie war schnell in die Bewusstlosigkeit gezogen worden.  

Jetzt hing sie über dem Rücken eines Pferdes, mit einem Knebel im Mund, einen Sack über den Kopf und war an Händen und Füßen gefesselt. Bei jedem Schritt des Tieres schaukelte sie hin und her. Zudem lag sie so weit hinten, dass sie mehr von dem Tier riechen konnte, als ihr lieb war. Es war erniedrigend für ein Orakel. Gut, sicher wäre das für jeden anderen auch erniedrigend gewesen. 

Doch warum sollte sie jemand entführen? Gut, sie war mittlerweile bekannt und hatte zumindest einen Fan. Der König nannte sie ein Juwel und gewiss könnte man ein hohes Lösegeld für sie verlangen. Doch wer ist so dumm, dafür den Zorn des Königs auf sich zu ziehen? 

Im Moment jedoch hoffte sie, dass sie bald das Ziel - wo auch immer es hinging - erreicht haben würden. Lange vertrug ihr Magen diese Schaukelei nicht mehr. 


Die Sonne stand hoch am Himmel und die warme Luft machte jede Anstrengung etwas schlimmer. Trotzdem fuhr Garos Schwert erneut in seinen Gegner. Unerbittlich schlug er auf ihn ein. Der Treffer am Hals wäre sicher tödlich und der folgende diagonale Streck hätte dem Kerl den Wanst aufgeschlitzt. Leider war sein Gegner nur eine Holzpuppe, die ihn weiterhin angrinste.

Neben ihm waren die anderen Rekruten mit dem Kampf gegen andere Holzpuppen beschäftigt. Überall hört er, wie die stumpfen Schwerter gegen Holz schlugen, wie geschnauft und gestöhnt wurde. 

Er sah die Puppe an. Es kam ihm vor, als würde sie wissen, wie dämlich er war. Er hatte seine Lehre bei Meister Moronk aufgegeben, weil er nicht mehr nur Holz bearbeiten wollte. Und jetzt hatte er nur ein anderes Werkzeug in der Hand, um erneut Holz zu bearbeiten. 

»Garo!« Er drehte sich um. Aus Richtung der Burg kamen Bizi und dieser kleine Kobold Abraxo angerannt. Bizi winkte hektisch, während sie lief. 

Garo sah sich um. Er wollte nicht unangenehm auffallen, weil er mit seinen Freunden sprach, statt die Holzpuppe weiter zu verhauen. 

Er steckte das Schwert in den Boden und ging den beiden entgegen. Hoffentlich war es wichtig. 

»Rigga!«, sagte Bizi atemlos, als sie vor ihm stand. Sie war außer Puste und die Wangen waren rot wie reife Kirschen. 

»Rigga ist verschwunden«, sagte Abraxo, der anscheinend besser in Form war. Foltern hielt wohl fit. 

»Verschwunden?«

»Sie ist nirgendwo zu finden. Dabei wollten wir heute für ihre Prüfung üben.« Bizi lächelte ihn schüchtern an. »Ich dachte, sie könnte bei dir sein.«

Garo spürte einen Stich. »Nein, ich habe sie seit einiger Zeit nicht mehr gesehen.« Er seufzte. »Sicher ist sie irgendwo und prophezeit herum. Sie könnte auch auf geheimer Mission sein oder so. Rigga ist doch allen viel zu wichtig.«

»Sie ist weg!«, sagte Bizi entschieden. »Ich glaube, sie wurde entführt.« Abraxo hielt ihm einen stinkenden Lappen hin. 

»Ein Lappen?«

»Riech mal. Das ist Muschelöl. Genauer: Öl der Schnarchmuschel aus Antide. Damit betäubt man jemanden.«

»Und wen soll ich damit betäuben?«

»Den haben wir in Riggas Kammer gefunden!« Abraxo wedelte damit hin und her.

»Was ist denn hier los?« Ein drahtiger, groß gewachsener Mann mit einem gewaltigen Kinn kam auf sie zu. Der gelbe Umhang der Naya-Kirche flatterte um seine Schultern. 
Ganz toll, dachte Garo. Immer bringt mich Rigga in Schwierigkeiten. Er drehte sich um und stellte sich demonstrativ vor Bizi und Abraxo. »Ich habe eben Nachricht erhalten …«

»Nachricht?« Odin Tafelspitz war kein sehr geduldiger Mann. Trotzdem bewunderte Garo den Mann, denn er hatte so viel von einem Ritter. Er war stark, wortgewandt und streng. Man sagt, dass er einen gefräßigen Säbelzahnfrosch in den Wäldern Idriths alleine mit seinen schnellen Fäusten besiegt hatte. 

»Rigga ist verschwunden!« Bizi hatte sich neben Garo gestellt.

Odin blieb stehen. »Rigga Kalkwinter?« Seine Stirn kräuselte sich so stark, dass ein kleines Schiff darauf gekentert wäre. »Das kleine Orakel?«

»Ja«, sagte Abraxo, der nun auf der anderen Seite von Garo stand. »Sie wurde aus ihrem Zimmer entführt. Wir haben schon versucht, Melchior Shokes zu erreichen, doch dieser treibt sich wohl irgendwo in Nebelheim herum.«

»Und wieso kommt ihr damit zu einem Rekruten?«

»Er ist ihr Freund!«, sagten Bizi und Abraxo gleichzeitig. 

Jetzt gesellten sich zwei hochschnellende Augenbrauen zu der gekräuselten Stirn.

»Freund?« Er sah Garo fragend an. 

»Das stimmt, Sire.«

Die Augenbrauen rutschten auf die gewohnte Position und die Stirn glättete sich. »Dann solltest du helfen, sie zu finden.«

»Ehmm«, Garo sah die grinsende Holzpuppe und nickte. »Das würde ich sehr gerne.«

Odin Tafelspitz nickte und lächelte sogar. »Wenn du mal ein Ritter sein willst, solltest du immer für deine Freunde einstehen.« Er drehte sich um und ging. Sein gelber Umhang flatterte hinter ihm her. 

Garo streckte in Richtung der Holzpuppe kurz die Zunge raus und dann nickte er Bizi und Abraxo zu. »Suchen wir Rigga.«


Endlich hörte das Geschaukel über dem Pferdehintern auf und jemand zog Rigga herunter. Da sie weder etwas sah, noch sich mit den gefesselten Händen irgendwo festhalten oder den ebenfalls gefesselten Füßen auf den Beinen halten konnte, kippte sie wie ein nasser Sack um. 

Sie hörte ein leises Lachen. Ihr wurde der Sack vom Kopf gerissen und sie blinzelte in die Sonne über ihr. Dann sah sie die junge Frau, die über ihr stand. 

»Rmmmpf!«, schoss es aus ihr hervor.

Roamy Rabentot lächelte sie an. Das Gesicht der Kämpferin, die sich in den wenigen Monaten von einer Unbekannten zum angesehenen Mitglied der Leibwache hochgearbeitet hatte, war ebenmäßig und von rabenschwarzen Haaren umrahmt. Die Augen standen leicht schief und verrieten noch mehr als die meist durch die Haare verdeckten Ohren, dass sie eine Elfe war. 

Roamy zückte ein leicht gekrümmtes Messer und zerschnitt damit das Band, das den Knebel hielt. Rigga spuckte das Stück Stoff, das sich voll mit Sabber gesogen hatte, aus. 

Erst jetzt fiel Rigga auf, wo sie sich befanden. Der Geruch von Asche lag in der Luft und die Bäume ringsum sahen aus, als seien sie selbst aus Asche. Sie schluckte, als ihr bewusst wurde, dass sie sich im Weißen Wald befanden. 

Es gab viele Gerüchte um diesen Wald. Die meisten besagten, dass er verflucht sei. Von wem und warum, war dann der Teil des Gerüchts, das wohl jeder neu ausschmückte. Vom Zorn der Götter bis hin zu Mac'naab, der sich angeblich hierhin geflüchtet hatte.  Doch sicher war, dass die Bäume so oft verbrannt worden waren, dass sie wohl aufgegeben hatten, schöne grüne Blätter und braune Stämme zu bilden. Sie wuchsen direkt als Aschebäume.  

»Was soll das?«, sagte Rigga krächzend. 

Roamy zuckte die Schultern. »Ich sollte dich herbringen.«

»Ach, und warum musstest du mich dafür fesseln und knebeln? Ganz davon zu schweigen, welch schönen Traum du unsanft unterbrochen hast.«

»Du wärst wohl nicht freiwillig mitgekommen.«

»Du hast es nicht probiert. Wir werden es nicht mehr erfahren. Könntest du die Fesseln losschneiden?«

»Könnte ich, aber ich habe keine Lust hinter dir herzurennen, wenn du versuchst abzuhauen.«

»Tue ich nicht. Orakelehrenwort. Ich würde ja eine Hand heben, aber …« Sie schickte ein unschuldiges Lächeln hinterher. 

Roamy schüttelte den Kopf. »Weißt du eigentlich, wie viele Menschen im Elend leben, während du und deinesgleichen es sich gut gehen lasst?«

»Nö. Aber mir geht es auch gerade nicht besonders gut.«

»Dein König sitzt auf seinen Geldsäcken und schmückt sich mit zwei Orakeln. Die armen Menschen in seinem Land hingegen leiden und es ist ihm egal.« Roamys Stimme war schärfer geworden. »Ich habe mein Knie niemals vor einem Elfenkönig gebeugt, da diese genauso schlecht für die Menschen waren. Von Arthur hatte ich mir mehr erhofft.«

»Du bist verbittert«, stellte Rigga fest. »Aber wie lindert es das Elend, wenn du mich in den Weißen Wald schleppst?«

»Meine Aufgabe war es, dich herzubringen.«

Rigga zappelte ein wenig, aber die Bänder um ihre Hände lockerten sich nicht. Dann erschien auf einmal eine Art Riss in der Luft und eine kleine langnasige Hexe kam hindurch.

Sie grinste zufrieden, als sie Rigga sah. Dann zog sie einen Beutel hervor und warf ihn Roamy zu. 
 
 


Nicht nur Rigga war verschwunden, sondern auch Roamy Rabentot. Sie war an Delbert vorbei aus der Burg geritten. Ein Bündel Decken lag hinter ihr über dem Pferd. Das hatte Delbert wohl nicht misstrauisch gemacht. 

Sie konnten schlecht auf gut Glück hinter ihr her reiten. Es fehlte schon an einem Pferd.

Garo biss die Zähne zusammen. Sie könnten versuchen, den König zu erreichen oder Odin Tafelspitz, beide würden sicher sofort helfen. Doch das kostete Zeit. 

»Ich habe eine Idee! Bin gleich wieder da«, sagte Bizi und rannte wieder zur Burg. Sie kam mit Frikadelle, dem mechanischen Vogel Riggas zurück. Dieser wackelte ganz aufgeregt.

»Wie soll uns das … Ding … denn helfen?«

»Sie findet Rigga«, sagte Bizi selbstsicher. 

»Wir brauchen aber ein Pferd und keinen Vogel.«

»Kommt mit«, Abraxo schritt weiter in die Stadt. Er war so schnell, dass Garo in einen leichten Trab verfallen musste. Bizi hechelte hinterher. Als die Straßen weiter wurden, führte Abraxo sie zu einem ziemlich heruntergekommenen Stall. 

Ein ältlicher Kerl kam heraus. »Wasch wollt ihr?« 

»Wir brauchen ein Pferd, Schoorty«, sagte Abraxo schnell.

Der Kerl blinzelte. Er sah zu Garo und Bizi.   »Nee!«, sagte er dann. 

»Es geht um Rigga, das kleine Orakel. Der König wird sicher erfreut sein, wenn er hört, dass du uns hilfst.«

In Shoortys grauem Bart klebten noch Reste vergangener Speisen, das Hemd war fleckig - von der ekligen Art - und seine Hände sollten mal ordentlich geschrubbt werden. 

»Dasch kleine Orakel?«

Alle drei nickten. Selbst Frikadelles Kopf ging vor und zurück, als wüsste er, worum es geht. 

Er kratzte sich am Bart, fand noch etwas darin und zupfte es heraus. Einen Moment betrachtete er, was er in den schmutzigen Fingern hielt, dann stopfte er es sich in den Mund. Garo verzog das Gesicht. 

Schoorty nickte schließlich und einen Moment später führte er einen kohlschwarzen Hengst heraus. »Der gehört Ginrig«, sagte er langsam. »Wenn esch so wischtig isch, hat er schicher nichts dagegen.«

Garo staunte. Ein solch schönes Pferd hatte er dem alten Ginrig, dem Schatzmeister des Königs, nicht zugetraut. »Wie heißt es denn?«

»Rasierklinge!« 


Roamy Rabentot hatte sie einfach der alten Hexe überlassen und war fortgeritten. Sie hatte es für Geld getan. Rigga kam sich vor, als sei sie eine Ware. 

Die Hexe lief langsam um sie herum, den knorrigen Stab, auf den sie sich stützte, immer wieder kraftvoll in den Boden rammend. 

»Weißt du, wer ich bin?«

Rigga schüttelte den Kopf. »Ich war nie besonders an Hexen interessiert.«

Die Hexe kicherte. »Ich bin die dunkle Mia. Zu anderen Zeiten wurde ich im ganzen Land gefürchtet.«

»Und jetzt musst du jemanden bezahlen, um ein gefesseltes Mädchen geliefert zu bekommen?«

»Du hast Fingerschnipp ausgeschaltet. Ich halte dich also für einen beachtlichen Gegner.« Wieder kicherte sie. »Doch ich werde da weitermachen, wo der Magikus aufgehört hat.« Sie blieb stehen. »Dein König hat meinen Lord Mac'naab nicht besiegt.

Er und viele andere warten in einer anderen Dimension. Doch bisher konnten wir kein neues Portal erzeugen, um sie wieder in diese Welt zu holen.« 

Rigga zappelte. »Du bist wohl ziemlich bescheuert, oder? Warum sollte jemand diesen Arsch wieder hier haben wollen?«

»Sprich nicht so über den dunklen Lord.«

»Ich soll ihn nicht einen Arsch nennen? Was ist mit Dödel? Widerling? Vollpfosten?«

»Still!«, herrschte sie Mia an. Asche regnete von den Bäumen auf sie herunter. »Du musst mir berichten, was Fingerschnipp versucht hat.«

»Frag ihn selber. Übrigens - du hast eine ziemliche eklige Warze auf deiner ziemlich ekligen Nase. Ich hoffe, das hat dir schon mal jemand gesagt.«

Dass Mia nicht mehr kicherte, nahm Rigga als kleinen Erfolg. 

Die Hexe sah sich um. »Dieser Ort ist so gut wie jeder andere.« Dann berührte sie mit ihrem Stab Riggas Hände und die Magie durchströmte sie, ließ ihren Geist aufsteigen, wie eine Rakete und oben zwischen den Sternen erkannte sie die Zukunft. 


Es kommt ein dunkler Held. Ein hartnäckiger Gesetzesvollstrecker, der absolute Gerechtigkeit einfordert und jeden Ketzer erbarmungslos seiner Strafe zuführt.

Ein weiteres Mal kommt das endlose Pein-Event (Endless Trial)

Der Turm der Illusionen nimmt einem die Illusion

Eine neue exklusive furchterregende 5-Sterne-Waffe

Neue Artefakte für die Wale

Angebote, die keine sind.

evtl. 

Das Schach-Event - was nicht so viel mit Schach zu tun hat

Waffenerweckungen


Garo liebte das Reiten und war froh, dass er es gelernt hatte. Während Abraxo und Bizi sich mehr oder weniger an ihm festklammerten, behielt er den mechanischen Vogel im Auge. Hoffentlich würde er sie wirklich zu Rigga führen. 

»Der Weiße Wald«, rief Bizi. 

»Da ist sie bestimmt. Schaut nach oben!«, Abraxo war ganz aufgeregt.

Tatsächlich konnte man eine Sternenexplosion an dem blauen Himmel erkennen. Garo war sehr froh, dass er sein Schwert mitgenommen hatte. Mit grimmigem Blick trieb er Rasierklinge dazu, noch schneller zu werden. 

Dann sahen sie Rigga, die auf dem Boden lag. Irgendwas hatte sich zwischen den Bäumen bewegt, als wäre dort jemand durch einen Riss hindurch verschwunden. 
Rigga lag auf dem Boden, sie war gefesselt und Garo sprang vom Pferd und rannte zu ihr. Ihre Augen waren geschlossen.

Er beugte sich über sie und spürte keinen Atem und es traf ihn wie ein eisiger Hieb, das Rigga tot sein könnte. Er schluckte, schüttelte sie leicht. 

»Rigga!«, flüsterte er leise. Doch sie reagierte nicht. 

Bizi und Abraxo standen jetzt um sie herum. Frikadelle hüpfte um Riggas Kopf herum. Was sollte er nur tun?

Er brachte seinen Kopf noch näher an ihren und flüsterte leise: »Wach auf! Wir brauchen dich.« Dann schluckte er wieder und setzte kaum hörbar hinzu: »Ich brauche dich.«

Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr und ihre Augen öffneten sich flatternd. Sie sah ihn verwundert an, blinzelte und riss die Arme nach oben - um ihn zu umarmen, wie sie später immer wieder beteuerte - bekam die gefesselten Hände nicht auseinander und traf ihn am Kinn. Garo verdrehte die Augen und ging K.O.

So kamen sie zurück zur Burg. Diesmal hing Garo bewusstlos über dem Pferd.

Später vergaß Rigga nie, dies zu erwähnen.