Es muss knallen!

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Die Sonne stand schon tief am Himmel und verbreitete ein rötliches Glühen. Im Monsterlager, nahe dem Wald der Monster hatte allerdings niemand Zeit, sich über die Schönheit der Natur zu freuen. 

»Sieh an«, sagte Kazia Po-Kal und nahm Rigga in den Arm, die aus dem Zelt des Zwergs Herbrumm kam. »Endlich lassen sie dich aus ihren Fängen.« Es tat Rigga gut in Kazia lachendes Gesicht zu blicken. 

Sieben Zwerge hatten sich von ihr Briefe vorlesen lassen. Rigga rauchte noch immer der Kopf von den teilweise eindeutig zweideutigen Beschreibungen. Aber man hatte sie gewarnt. 

»Das mache ich nicht noch mal«, sagte Rigga kopfschüttelnd. »Da stelle ich mich lieber ein weiteres Mal einer Grumpelkröte.«

»So toll hast du nicht gekämpft«, sagte Kazia und nahm ihren Arm von Riggas Schulter. »Du hast das Schwert nicht richtig eingesetzt. Das Schwert sollte für den Kampf sein. Schwert gegen Schwert.«

»Du wolltest, dass ich mit dem Schwert umgehen kann.«

»Aber nicht mit Magie und der Hilfe einer toten Heldin.«

»Immerhin habe ich dir deinen kleinen Hintern gerettet.«

»Stimmt.«

»Ich verdiene eine Menge Token, indem ich Sachen vorlese wie«, sie verstellte ihre Stimme, so dass sie etwas tiefer und zwergiger klang, 

»Hodo Herbrumm, heute habe ich das Kleid an, das du so liebst und das an den richtigen Stellen eng und knackig anliegt, wie du es liebst. Unser Schmied Rudonko hat wieder geprahlt, was er für einen großen Hammer hat und dass er fest zupacken kann. Du kennst ihn ja. Doch als seine Frau - Gertruda - meinte, dass es mehr auf die Technik als auf die Größe ankommt, hat es ihm die Miene verzogen!«

»Oh, eng und knackig?«

»Ich erspare dir die Stellen, wo sie von Herbrumms langem Bart schwärmt.« Rigga schüttelte sich. Doch irgendwie versprühten die Briefe auch eine Lebensfreude, die nicht nur den zuhörenden Zwergen sichtlich guttat, sondern auch ihr. 

»Ich glaube, ich habe etwas Besonderes für dich. Immerhin bist du mittlerweile meine Lieblingslebensretterin.« Kazia kicherte. »Trotzdem hoffe ich, dass du mich nicht noch mal retten musst.«

Kazia führte Rigga die breite Straße entlang, die durch das ehemalige Dorf Zenik führte. Überall waren Zelte neben, zwischen und in den Ruinen des verlassenen Dorfes aufgebaut und Händler standen an den Seiten um ihre - meist sehr minderwertigen - Waren anzupreisen. 

»Eigentlich hatte ich es so verstanden, dass du auf mich aufpassen solltest.« Rigga sah einen Händler aus Occam, der einen Bauchladen mit sich trug. Er bot süße Quaddelbeeren, salzigen Federhonig und sogar würzige Kräuterbonbons an. Sie hätte gerne welche davon versucht, doch Kazia zog sie mit sich. 

»Wir passen aufeinander auf.«

»Aufeinander? Wann passt du schon mal auf mich…« Weiter kam sie nicht, denn Kazia zog sie mit einem Ruck zur Seite. Gerade noch rechtzeitig, damit der Kobold, der sich wohl angeschlichen hatte, ins Leere griff, als er ihren Beutel voller Token stehlen wollte. Kazias Klinge flog in einem Bogen auf den Kobold zu und er fiel erschrocken nach hinten.

»Nicht!«, quiekte er.

»Du wolltest meine Freundin bestehlen?«

»Ich…«, sagte er leise. »Ich habe Hunger. Meine Familie leidet sehr. Wir haben sieben Kinder, müsst ihr wissen.« 

»Hunger?« Kazia lachte. »Dann hättest du wohl kaum nach dem Geldbeutel gegriffen, sondern dein Glück an einem der Stände versucht. Zum Beispiel beim dicken Fendeler. Der ist ziemlich weichherzig.«

Der Kobold schüttelte den Kopf und seine Augen suchten Rigga. »Ich wollte dir nichts tun.«

»Beklauen wolltest du sie!« Kazia zog die Klinge zurück. »Du solltest dich besser nie wieder blicken lassen. Denn, wenn ich dich noch einmal in der Nähe von Rigga sehe, wirst du erfahren, dass meine Klinge tief schneidet.«

»Wie heißt du?« Rigga trat neben Kazia. Irgendwie tat ihr der Kobold leid. Auch wenn sie ihm ebenso wenig wie Kazia seine Geschichte glaubte. 

»Borrax, meine Dame.« Er stand auf. Seine Haut war grün und schuppig, sein Haar, das in unordentlichen Wellen um seine spitzen Ohren wogte, fing an grau zu werden. Er trug eine einfache Hose und ein Wams, das mit einer Kordel um seine Hüfte gehalten wurde. 

»Du kannst dir Geld verdienen, Borrax. Ehrliches Geld.«

»Wo?«

»Bei mir«, sagte Rigga und spürte Kazias fragenden Blick. 

Auch der Kobold sah sie mit einer Mischung aus Verwirrung und Unsicherheit an. 

»Ich möchte ein Buch schreiben.«

»Schreiben? Ich kann nicht schreiben.«

»Aber du kannst dich hier umhören. Ich möchte so viel wie möglich über die verschiedenen Monster erfahren, auf die die Monsterjäger getroffen sind. Jede Geschichte und jedes Detail hilft mir.«

Borrax Augen leuchteten auf. »Ich werde euch mit Geschichten überschütten, meine Dame.«

Rigga kramte einen großen Heldentoken aus ihrem Beutel und gab ihn Borrax. »Das ist eine Anzahlung. Enttäusche mich nicht.«

Borrax nahm den Token, als sei es ein kostbares Juwel. »Ich werde mich bemühen, meine Dame.«

Rigga nickte, drehte sich um und ging davon. Es fühlte sich gut an, wenn man anderen Arbeit gab.

Einen Moment später raunte ihr Kazia zu: »Du hast sie nicht mehr alle.«


»Sieh dir diesen Kerl an«, sagte Kazia. Und deutete auf einen Elf, der in seinem fast dunklen Laden hinter einer großen Glaskugel saß und Rigga erst verwundert und dann böse ansah. 

»Wenn das nicht unser guter Aergnios ist.« Kazia trat ein und die Miene des Elfen verfinsterte sich noch mehr. »Du hast sicher mitbekommen, dass du deine alberne Kugel bald verstecken musst.«

»Was willst du?«, knurrte Aergnios. Sein Blick wanderte immer wieder zu Rigga, die sich bemühte möglichste unauffällig zu wirken. Warum brachte Kazia sie hierher? 

Es gab im ganzen Monsterlager nur drei Elfen und diese beteiligten sich nie an dem Kampf gegen die Monster. Sie hatten ihre Läden in dieser dunklen schmalen Gasse, die man - wie sollte es auch anders sein - Elfengasse nannte. 

»Ich wollte dir das kleine Orakel vorstellen.« Sie deutete auf Rigga. »Sie könnte dich sicher in den Ruin treiben.«

Aergnios stand auf. Was nicht viel half, da er ziemlich klein gewachsen war, und kam um den Tisch herum. »Ihr solltet besser eure vorlaute Zunge hüten, Kazia Po-Kal!«

»Oh!«, sagte Kazia und tat erschrocken. »Du weißt meinen Namen. Welch großartiges Orakel du doch bist. Jetzt bin ich«, sie lachte, »nicht beeindruckt.«

Rigga fühlte sich unwohl. Waren sie hier, um Streit zu suchen?

»Raus!«, sagte Aergnios laut und deutete zur Gasse. 

»Sei nicht so unhöflich. Wir sind geschäftlich hier.«

»Geschäftlich?« Die Augen des Elfen verengten sich.

»Rigga Kalkwinter, das überall bekannte und beliebte kleine Orakel wird sich hier zurückhalten, wenn du sie ab und zu in deine Glaskugel sehen lässt und ihr hilfst, ein noch besseres Orakel zu werden.« Kazia hielt ihm ihre Hand hin. »Was sagst du dazu, alter Schwindler?«

Der Elf ergriff ihre Hand und es legte sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Er sah zu Rigga. »Es wäre mir eine Ehre, wenn wir ab und zu zusammenarbeiten.«

»Ehmm«, sagte Rigga, die sich von dieser Wendung so überrollt fühlte, als wäre sie unter eine riesige Glaskugel geraten. »Mir auch.«

Als sie den Laden verließen, war Aergnios guter Dinge. Er pfiff sogar einen Schlager aus dem Elfenreich. 

»Du hättest mich ruhig vorwarnen können.« Rigga wollte aus der Gasse heraus, doch Kazia hielt sie fest. 

»Wir sind nicht wegen Aergnios hier. Ich wollte nur, dass er sich nicht von dir bedroht fühlt. Wir können uns hier nicht viele Feinde leisten.«

»Das klang aber zuerst ganz anders.«

»Man muss halt mit ihnen umgehen können.«

Rigga zuckte die Schultern. »Was jetzt?«

»Komm mit.«

Sie kamen am Laden von Valander vorbei, der Verzauberungen für Waffen anbot, damit diese niemals stumpf würden. Außerdem würde jeder verzauberte Pfeil sein Ziel treffen. 

»Ein Schwindler«, sagte Kazia und ging weiter. Kazia schien einen guten Blick für Schwindler zu haben. 

Einen Moment später trat sie in ein halb verfallenes Haus. Das Dach war mehr schlecht als recht repariert und eine Zeltplane spannte sich von Wand zu Wand. In dem kleinen Raum brannten ein paar Kerzen und schufen eine geheimnisvolle Stimmung. 

Eine Elfe - lilafarbene Haut und volles dunkles Haar - schien nur auf sie gewartet zu haben. Ihre etwas schräg stehenden Augen waren schwarz umrandet und es glitzerte etwas darin. Das blaue Kleid war gewagt und zeigte mehr, als es verdeckte. An einer Kette hing eine schwarze stilisierte Biene um ihren Hals. 

»Das ist Liora aus dem Wald von Idrith«, sagte Kazia und ging auf die Elfe zu. Sie umarmten sich und gaben sich einen Kuss auf die Wange.

Rigga hoffte, dass es nicht zu der allgemeinen Begrüßung gehörte. Dann erinnerte sie sich, dass sie vor einiger Zeit im Wald von Idrith gewesen war und sich vor den gefährlichen Wildschweinen dort auf einen Baum geflüchtet hatte. Das sollte sie besser nicht erwähnen.  

Liora nickte und lächelte freundlich. »Dann bist du also Rigga.«

»Meistens«, sagte Rigga und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Kazia war mit Aergnios schon so grob umgesprungen und hier mit Liora… 

»Ich habe viel von dir gehört, Rigga Kalkwinter. Du bist eine große Magierin, eine mutige junge Frau und sollst über einen scharfen Verstand verfügen.«


»Sie hat mir bereits zweimal das Leben gerettet«, warf Kazia ein. »Sie ist was ganz Besonderes.« Dann lachte sie leise. »Mach dir keine Hoffnung, sie hat einen Freund und wird sich von dir genauso wenig bezirzen lassen wie ich.«

»Warum sind wir hier?« Rigga wollte nicht unhöflich sein, aber allmählich wurde es ihr hier unangenehm. 

»Liora hat etwas anzubieten.«

»Das dir das erst jetzt auffällt«, sagte Liora mit einem auffälligen Augenklappern. 

»Sie gehört zu den wenigen Elfen, die sich in den Schattenhain wagen. Dort jedoch gibt es etwas sehr Wertvolles.«

Der Schattenhain gehörte zu den Gegenden in Antia, die man meiden sollte. Selten kehrten Fremde von dort zurück. Die wenigen Informationen halfen kaum die Gefährlichkeit einzuschätzen. 

»So? Was gibt es dort, außer Tod und den verdammten Ketzerkönig?«

»Bienen«, sagte Liora mit einem Lächeln. »Schwarze Teufelsbienen. Vielleicht hast du schon von ihnen gehört?«

Sie hatte davon noch nicht gehört, aber schon darüber gelesen. In einigen der dicken Folianten, die sie in ihrer Ausbildung lesen musste, kamen sie vor. Es heißt dort, dass der erste Stich schmerzt, der zweite lähmt und der dritte tötet. Ein Risiko, das kaum jemand einzugehen wagt. Zudem sollen sie gegen Magie resistent sein, was einigen Magiern, die das nicht glauben wollten, das Leben gekostet hat.

»Du verkaufst Schattenblut?« Rigga war nun wirklich erstaunt. Allerdings wusste sie auch nicht, wieso es sie interessieren sollte.

 Liora holte ein Fläschchen aus einem der alten Schränke und zeigte es Rigga. Eine kleine Phiole, in der eine dunkle Flüssigkeit schwappte. Sie war mit einem kleinen Korken verschlossen, über dem ein schwarzes Wachssiegel prangte. 

»Du solltest es kaufen«, sagte Kazia. 

»Ich brauche es aber nicht.«

»Doch, du wirst es brauchen.«

Rigga schüttelte den Kopf. »Nö.«

»Ich dachte, ihr wärt euch einig«, sagte Liora erstaunt. 

Kazia sah Rigga ernst an. »Kannst du mir nicht einfach vertrauen?«

Rigga seufzte. »Wie viel?«

»Dreißig große Token.«

»Was?« Das war fast ihr gesamter Verdienst. Dafür hatte sie fast jeden Brief vorgelesen und einige geschrieben. 

Kazia presste die Lippen aufeinander. »Jetzt sei bloß nicht knickerig!«

»Knickerig?«

»Geizig. Knauserig. Popelig.«

»Popelig?«

Kazia hielt ihr die Hand hin und Rigga legte seufzend ihren schönen prallen Geldbeutel hinein. Als sie ihn zurückbekam, waren noch drei Münzen darin. Trotzdem grinste Kazia, als wäre sie ein Fuchs, der in den Hühnerstall gekommen ist. 


»Sandro Kahn, mein Lieber«, rief Kazia Po-Kal, als sie sie sich neben ihn setzte. Er saß vor einem Becher mit Pilzbier und wirkte überrascht. Rigga nickte ihm nur zu und setzte sich neben Kazia. 

»Was führst du im Schilde?«

»Ich will einen Handel mit dir abschließen.«

»Einen Handel? Kannst du mich vielleicht zum Herz des verdammten Waldes bringen? Alles andere ist sinnlos.«

»Deine Familie kann ich dir nicht zurückbringen.« Kazia sah kurz zu Rigga, die nur erstaunt zuhören konnte.

Er nahm einen tiefen Schluck aus dem Becher, setzte ihn ab und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. Dann wandte er sich Kazia zu. »Lass mal hören.«

»Du hast doch eine Ausbildung als Kampfmagier, oder?«

Er krempelte seinen Ärmel hoch und auf seiner Haut waren Brandzeichen zu sehen. »Dritter Rang der Schule der sieben Monde«, sagte er und es klang Stolz mit. »Ich habe an der Seite des Großmeisters gekämpft.«

»Schön. Kannst du auch jemanden ausbilden?«

Seine Augen verengten sich und er sah zu Rigga. »Sie?«

»Das wäre sehr nett von dir.«

»Du möchtest, dass ich dieses… Mädchen in Kampfmagie unterrichte?«

»Sie ist hier, um zu lernen. Etwas Kampfmagie könnte sich als nützlich erweisen.«

»Sie hat den Geist einer Heldin aus deren Schwert beschworen. Angeblich soll sie sogar die Dimension gewechselt haben. Was könnte ich ihr wohl beibringen?«

»Kampfmagie. Sagte ich doch schon.«

»Nein.« Er drehte sich wieder zu seinem fast leeren Becher.

»Du hast ein kleines Geheimnis, Sandro.«

Er ignorierte sie.

»Die kleine Gier.«

Rigga fühlte sich heute wirklich überfahren. Kazia wusste so viele Dinge, die ihr nicht aufgefallen waren. Sie hatte einige Freundschaften geschlossen, während Rigga eher für sich blieb. 

Sandro seufzte und wandte sich erneut um. »Was weißt du schon?«

»Ich weiß, dass manche Magier durch das Schattenblut Zugang zu Bereichen ihrer Magie bekommen, die ihnen sonst verschlossen waren. Obwohl es auch manchmal nicht gut ausgeht.«

»Du hast Schattenblut?«

Kazia schüttelte den Kopf. »Aber Rigga hat welches. Sie benötigt es nicht und würde es gegen eine gute Ausbildung in Kampfmagie sicher gerne eintauschen.«

Sandro seufzte, dann nickte er. »Du weißt nur einen kleinen Teil über das Schattenblut. Ich kann damit in die Vergangenheit reisen. Nur für kurze Zeit. Doch meine Familie noch mal zu sehen, das Lachen meiner Tochter noch einmal zu hören, das ist jeden Preis wert.«

»Dann sind wir uns einig?«

Er nickte. »Morgen früh auf dem Feld vor dem Wald. Ich werde Rigga alles beibringen, was ich kann.«

Kazia gab Rigga einen Wink und sie reichte Sandro die Phiole. Seine Augen leuchteten auf. 

»Es tut mir leid, wegen deiner Familie.«


Die Sonne war schon eine Handbreit über dem Wald und tauchte das Feld nahe dem Lager der Monsterjäger in ein warmes, goldenes Licht. Gras wehte sanft im Wind und man konnte die Silhouette des Lagers erkennen. 

Rigga war wirklich nervös und hüpfte von einem Bein aufs andere. Ihre Ausbilderin, Volvo Tamowitz, hatte ihr nicht mehr beibringen wollen als diesen dämlichen magischen Schild. Sandro kam mit langsamen Schritten auf sie zu. 

»Bereit für die erste Lektion?« Er lächelte freundlich und wirkte gelöst. Ob er bereits in der Vergangenheit gewesen war? 

Rigga verschränkte die Arme und hob eine Augenbraue. »Ich hoffe, du bringst mir etwas bei, mit dem ich etwas anfangen kann. Fang bloß nicht mit Konzentrationsübungen an. Ich will etwas, das richtig knallt.«

Sandro schmunzelte. »Geduld, junge Dame. Kampfmagie erfordert nicht nur Macht, sondern auch Kontrolle und Präzision. Wir fangen mit den Grundlagen an.«

»Kontrolle und Präzision, bla bla bla«, mimte Rigga und verdrehte die Augen. Sie deutete auf einen größeren Felsen. »Zeig mir erst mal, wie ich den da in die Luft jagen kann.«

Sandro lachte laut, dann nickte er. »Also du willst gleich richtig loslegen, was?«

»Du weißt gar nicht, wie lange ich das schon können möchte. Ständig gerate ich in Situationen, in denen ich etwas Kampfmagie gut gebrauchen könnte. Stattdessen kann ich nur einen magischen Schild.«

»Du hast aber alle Situationen gemeistert. Du weißt schon, dass es viel beeindruckender ist, wenn man nicht alles in die Luft sprengen kann. Außerdem solltest du schon froh sein, wenn dieser Felsen einen Kratzer bekommt.«

Rigga schüttelte den Kopf. »Sag mir einfach, was ich machen soll.«

»Stell dir vor, dieser Felsen ist ein gefährlicher Gegner. Du musst ihn treffen, ohne dabei die Umgebung zu zerstören. Konzentriere dich auf den Punkt, den du treffen willst, und kanalisiere deine Energie dorthin.«

Rigga stellte sich breitbeinig hin, hob ihre Hände und schloss die Augen. »Schon klar. Jetzt siehst du mal, wie eine echte Meisterin das macht.« Langsam begann sie, die magische Energie in ihren Händen zu sammeln. Ein leises Knistern erfüllte die Luft, als kleine Funken um ihre Finger tanzten.

»Gut, Rigga. Fokussiere dich auf den Felsen. Lasse die Energie nicht entweichen, bevor du bereit bist«, ermutigte Sandro sie.

Mit einem tiefen Atemzug öffnete Rigga die Augen und richtete ihre Hände auf den Felsen. »Stirb, elender Felsen!«, rief sie und eine kleine, aber heftige Feuerkugel schoss aus ihren Händen und flog direkt auf den Felsen zu. Mit einem lauten Knall traf sie ihr Ziel, und die Stelle, wo er auftraf, begann zu glühen.

»Ausgezeichnet, Rigga!«, rief Sandro und klatschte in die Hände. »Du hast viel Talent, aber vergiss nicht, dass die Stärke deiner Magie von deinem Willen und deiner Konzentration abhängt.«

»Blabla, Konzentration hier, Konzentration da«, sagte Rigga und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich hab den Felsen getroffen, oder? Darauf kommt es an.« Sie fühlte sich unglaublich mächtig. Es war ihr erster Feuerball gewesen. Leider war er nicht so groß und prächtig, wie sie gehofft hatte. 

Sandro legte ihr eine Hand auf die Schulter und sah ihr ernst in die Augen. »Denke daran, Kampfmagie ist nicht nur zum Kämpfen da. Sie ist auch zum Schutz und zur Verteidigung. Nutze sie weise und nur dann, wenn es wirklich notwendig ist.«

Rigga nickte. »Vielleicht wäre gerade ein guter Zeitpunkt.« Sie deutete auf den Wald, aus dem eine Horde von Milchknilchen hervor stürmte. 

»Oh, verdammt!« Sandro sah zum Lager. »Wir müssen sie aufhalten, bis die Monsterjäger hier sind.« Ein lang gezogener Warnlaut war zu hören. Die Monsterjäger hatten den Angriff der Milchknilche mitbekommen. 

Rigga sah auch zum Lager. »Wäre es nicht besser, wenn wir den Monsterjägern… ehm… entgegenrennen?«

Sandro schüttelte den Kopf. »Die Monster sollten nicht zu nahe an das Lager kommen. Wenn welche durchbrechen, wäre der Schaden erheblich.« Er wirkte plötzlich sehr ernst. »Ich brauche deine Hilfe.«

Rigga sah noch mal zu dem Lager, aber sie nickte. »Okay, was soll ich tun?«

»Ich erzeuge einen Schild und du wechselst vom Felsen auf die Milchknilche.« 

»Ich habe gerade meinen ersten Feuerball…«

»Jetzt«, rief er und machte eine ausholende Bewegung mit seinen Armen. Rigga spürte, wie die Luft vor Magie knisterte. 

Die bleichen, unbehaarten Untiere kamen schnell heran. Sie konzentrierte sich, so wie sie es gerade gelernt hatte, und ein mickriger Feuerball schoss auf die Milchknilche zu. Sie sah ihm verzweifelt hinterher.

»Streng dich an! Du kannst das.« 

Rigga schloss die Augen, sog die Luft ein und mit einer Ausatmung öffnete sie die Augen, ihre Hände flogen nach vorne und ein größerer Feuerball fegt der Horde von weißen Kerlen entgegen. 

»Super!« 

Die Milchknilche waren bereits nahe dran, donnerten gegen den Schild von Sandro und Rigga gab ihnen Saures. Leider schien es diese Monster nur noch weiter anzustacheln. 

Sie hörte von hinten lautes Gebrüll. Die Monsterjäger kamen und kurz darauf zog Sandro Rigga zurück. Er hatte sein Schild aufgelöst und wirkte erschöpft. »Das hast du sehr gut gemacht.«

Kazia kam zu ihr heran. »Alles in Ordnung mit dir?« Als sie sah, dass Rigga nickte, sagte sie: »Dich kann man aber auch nicht alleine lassen. Immer kommen dann diese Milchknilche angelaufen.«

Sie legte den Arm um Riggas Schulter, um sie zu stützen. Rigga sah, wie ein paar Kassa-Rollas an den Monsterjägern vorbei sprangen. Es waren runde Monster mit nur einem Arm, die aber damit gewaltige Sprünge machen konnten. Einer schoss auf Sandro zu. Rigga sah es und stieß ihn zur Seite. Sie fiel ins weiche Gras und ihr magischer Stein, den sie einst von Garo bekommen hatte, fiel aus dem Beutel, in dem sie ihn immer mit sich trug. Sie griff danach und sofort wurde sie in den Strudel der Zeit gezogen. 


Es kommt ein grüner Held. 
Ein Event, das man schon von den Würfeln her kennt
Ein Speedrun-Event
Angebote, die keine sind
 
 evtl. 
 
Hexen-Alchemie-Laden
Waffenerweckungen 
Artefakte, die keiner will

»Wie machst du das nur?« Kazia saß neben Rigga in der kleinen Kaschemme.

»Irgendwie bist du am Ende immer die Heldin. Dabei solltest du nur etwas Kampfmagie lernen.«

»Habe ich doch.«

Sandro kam mit einem Becher des scheußlichen Biers heran und setzte sich dazu.
»Das war wirklich ausgezeichnet, Rigga.«

Kazia boxte ihm gegen die Schulter. »Nun lobe sie bloß nicht zu sehr. Sie wird langsam eingebildet.«

»Wie geht es dir?« Rigga sah Sandro an. »Dieses Schattenblut wird sicher nicht ohne Grund gefährlich genannt.«

Er lachte. »Es gibt etliche Geschichten über die Wirkung. Dazu gehört auch jene von Edrine Bangeschlupp, einer neugierigen Magierin, die nicht glauben wollte, dass dieser Nektar gefährlich sein kann. Sie hat eine gewaltige magische Blase erzeugt, welche die ganze Burg umschloss.«

»Wow!«

»Tja, es war wirklich beeindruckend. Leider schrumpfte die Blase langsam und mit ihr alles darin. Niemand konnte hinein oder hinaus. Solltet ihr mal in der Gegend vom Ogerzahn sein, passt auf, wo ihr hintretet. Irgendwo dort soll die Burg gestanden haben. Sie könnte noch immer dort sein - winzig klein.«

»Oh.«

»Ich weiß, welche Wirkung es bei mir hat und werde trotzdem vorsichtig sein. Versprochen.«

Rigga lächelte. »Dann freue ich mich, dass es dir hilft.«

»Es hilft nicht nur, es macht mich glücklich.«

»Schön.«

»Du bist meine Heldin.«

Kazia stöhnte genervt auf.