Trollzipfel

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Der Schlossplatz lag in der prallen Sonne und eine einzige knorrige Fischweide spendete etwas Schatten. Es war still und irgendwie unheimlich, dachte Rigga Kalkwinter. Sie saß im Schatten und blickte Bizi an, die einen Korb mit Brot und Mettwürsten mitgebracht hatte. Abraxo lehnte sitzend gegen den Stamm der Weide und knabberte an einem der unglaublich zähen Zwergenbrote. Ihm machte der Geruch nach Fisch nichts aus, den die Weide verströmte.

»Es gibt vier Bände von diesem verdammten Schlumberger«, sagte Rigga niedergeschlagen. »Einer langweiliger als der andere. Trotzdem muss ich sie mir durchlesen und dann eine Zusammenfassung schreiben.« Sie seufzte.

Bizi hielt ihr eine Mettwurst hin. »Du schaffst das schon. Wenn ich dich abfragen soll, sag einfach Bescheid.«

»So einfach ist es leider nicht.« Rigga biss in die Mettwurst. »Volvo ist nie zufrieden. Egal, wie sehr ich mich anstrenge.« Sie erwähnte nicht, wie viele Stunden sie auf den Büchern nur geschlafen hatte. Leider sind die Worte und Weisheiten nicht im Schlaf bei ihr eingesickert. 

»Was ist das denn?«, sagte Abraxo plötzlich. Er war ein grüner Kobold, der dem Foltermeister half. Aber mittlerweile war er auch so etwas wie ein Freund für Rigga. Er deutete in den Himmel. 

Tatsächlich. Dort oben flog etwas, zog Rauchwolken hinter sich her, drehte sich torkelnd durch die Luft und kam immer näher. So etwas hatte Rigga noch nie gesehen.

»Ein Drakke?«, fragte Bizi besorgt. 

»Unmöglich. Drakken sind schon lange keine mehr gesichtet worden. Nur in Isabrot soll es noch welche geben.« Sie überlegte, ob sich der Drakke nur verflogen hatte. Denn jetzt sah man deutlich seine purpurnen Schwingen, die heftig flatterten und da war noch etwas. Sie kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Jemand saß auf dem Drakken. Sehr seltsam.

Noch seltsamer war, dass er jetzt geradewegs auf sie zusteuerte. »Vielleicht sollten wir uns verziehen«, sagte Abraxo. »Mit Drakken ist nicht zu spaßen.«

Jetzt hörte man auch ein Signalhorn, aber es liefen keine Ritter auf den Hof. Niemand schien besorgt zu sein. Trotzdem tat Rigga es ihren Freunden nach und suchte Schutz hinter dem braunen Stamm der Weide. 

Der Drakke schoss förmlich auf den leeren Platz zu, schien im letzten Moment die Richtung zu ändern, doch es war zu spät. Er schlug mehr oder weniger auf. Staub und Rauch vernebelten für einen Moment die Sicht. Dann schälte sich eine Gestalt hervor, die auf sie zukam. »Ich habe eine Botschaft für das Orakel von Antia«, sagte eine wohlklingende, aber etwas dünne Frauenstimme. 

Rigga trat aus dem Schutz des Baumes und sah eine kleine schwarzhaarige Frau in einer blauen Uniform. Ein Umhang flatterte um sie herum und sie trug eine flache Kappe mit einem goldenen Drakkensymbol. 

»Ich bin Rigga Kalkwinter«, stellte Rigga sich vor. »Ich bin beim Orakel zur Ausbildung.«

Die Frau lächelte. »Prima. Dann bist du also das kleine Orakel.« Sie kam auf Rigga zu und streckte ihr die kleine Hand hin. Für eine Zwergin waren ihre Proportionen zu menschlich und ihr fehlte jeder Bartwuchs. Doch sie war für einen Menschen wirklich klein. 

»Ich bin Kokl vom Drakkenexpress.« Sie wies zu dem Drakken, der etwas schlapp auf dem Hof lag und anscheinend schlief. Vielleicht hatte ihm die Landung auch so zugesetzt, dass er ohnmächtig geworden war. »Der Drakke dort ist Shipara. Jemand sollte ihr etwas Fleisch und Wasser bringen.«

Abraxo stand plötzlich neben Rigga. »Das kann ich gerne machen«, sagte er. »Ein echter Drakke.« Er wirkte beeindruckt. 

Bizi kam jetzt auch vor. »Ich helfe mit«, sagte sie leise.

»Prima!« Kokl klatschte wieder in die Hände. »Dann bringst du mich zum Orakel?« Sie sah Rigga fragend an.

Als sie an der Kammer des Orakels angekommen waren, klopfte Rigga und trat ein.

»Eine Botschaft für euch«, sagte sie laut und ließ Kokl eintreten. 

»Was soll das?« Volvo Tamowitz, das Orakel von Antia, stand langsam auf und hob eine der dunklen Augenbrauen, als sie Kokl sah. 

»Eine Botschaft von der obersten Schamanin Adalia«, sagte Kokl und überreichte ein gerolltes Pergament. »Sie sagte, ich soll auf eure Anweisungen warten.«

Volvo hielt die Pergamentrolle einen Moment unschlüssig. Dann nickte sie und setzte sich. Mit einer geübten Bewegung entrollte sie das Pergament und las. Ihr Gesicht veränderte sich ständig und Rigga wusste nicht, was es bedeuten konnte. 

»Interessant«, sagte Volvo schließlich und sah Rigga an. »Du solltest schleunigst Winterkleidung packen und dir ein paar lange Unterhosen anziehen.« 

»Warum?«

»Du fliegst mit dem Drakkenexpress nach Isabrot. Adalia benötigt deine Hilfe.«

»Ich muss aber noch so viel lernen«, sagte Rigga. »Schlumberger liest sich nicht von alleine.«

»Der kann warten.«

»Ich bin außerdem verabredet. Kann nicht jemand anderes …«
Volvo lachte. »Jemand anderes? Wer könnte denn einer Schamanin helfen? Fingerschnipp vielleicht. Aber den schicken wir besser nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Adalia hat explizit darum gebeten, dass du zu ihr kommen sollst.«

Rigga ballte die Hände zu Fäusten. »Was, wenn es wieder ein Trick ist?« Sie sah Kokl von der Seite an. »Sie könnte auch Roamy Rabentot sein. Sie ist eine Meisterin der Verkleidung.«

»Roamy wird sich wohl nicht verkleinern können.« Volvo sah sie ernst an. »Ich verstehe nicht, warum du dich sträubst.«

»Ständig werde ich entführt oder irgendjemand möchte mit mir herumexperimentieren.« 

»Ja, das kenne ich«, sagte Kokl. »Die Jungs sind schon manchmal anstrengend.« Sie sah Rigga an. »Wie heißt er denn?«

Rigga schüttelte den Kopf. »Ich gehe nur unter königlichem Schutz nach Isabrot.«

»Es ist deine Aufgabe zu helfen, Rigga«, sagte Volvo Tamowitz ernst. »Wenn die oberste Schamanin von Isabrot dich in einer geheimen und dringenden Angelegenheit braucht, solltest du nicht zögern.«

Riggas Schultern sanken nach unten. Volvo hatte leider recht. Sie würde sich dem stellen müssen. 

»Hey, ich werde schon aufpassen, dass du nicht herunterfällst.« Kokl tätschelte ihr die Hand. »Passiert sowieso seltener, als man denkt.«


Was immer sie sich vorgestellt hatte, wie die Reise auf einem Drakken sei - sie hatte sich geirrt. Es war kein schönes Dahingleiten über Landschaften, während einen die Sonne liebevoll wärmte. 

Es war ein wildes Geschaukel, denn bei jedem Flattern des Drakken, wurden Erschütterungswellen durch ihren Körper gesandt. Bald wurde ihr übel. Zudem glitt der Drakke nicht einfach dahin. Er veränderte ständig die Flughöhe und die Richtung. Durch die Flügel konnte Rigga nicht nach unten sehen. Einmal hatte sie sich weit zur Seite gelehnt, nur um auf eine langweilige Nebellandschaft zu blicken. Dazu kam der ständige Rauch, den der Drache immer wieder ausstieß. Doch ihre Augen tränten nicht davon. Wahrscheinlich hatte sie so viel Zeit in der verrauchten Kammer des Orakels verbracht, dass es ihr nichts mehr ausmachte. 

Sie war so froh, als sie die Klaue erblickte. Auf diesem Berg in Isabrot stand die frostige Basilika und von dort herrschte Adalia über die Clans. 

Doch sie flogen an der Klaue vorbei und steuerten schließlich einen Berg an, der aussah, als sei er aus losem Geröll. Sie meinte sogar, einen Vorsprung zu sehen, der wie eine Nase aussah. Aber ihre Fantasie spielte ihr sicher einen Streich. 

Die Landung war - dank des vielen Schnees - einigermaßen sanft. Rigga kletterte vom Drakken und war sehr erleichtert, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. 

»Ich hoffe, es hat dir gefallen«, sagte Kokl, die ebenfalls abgestiegen war. »Es wäre nett, wenn du mich weiterempfiehlst.«

Rigga nickte. »Werde ich.« 

Aus dem einzigen Zelt, was zu sehen war, kam ein junges Mädchen gelaufen. Sie hatte Felle um die Schultern und ein waldgrünes Kleid an, das Rigga für viel zu dünn hielt. 

»Das kleine Orakel!«, rief die junge Frau und fiel Rigga um den Hals. Dann löste sie sich wieder. »Es ist so schön, dass du kommst, um Adalia zu helfen.«

»Wo ist Adalia denn?«

»Oh, sie ist oben«, die junge Frau zeigte zur Bergspitze. »Sie wartet schon auf dich.«
Rigga sah nach oben. Sie bezweifelte, dass sie ohne erfrorene Zehen oben ankommen würde. Trotz der langen Unterhosen. 

»Ich bin Yummi«, sagte die junge Frau. »Adalia ist mein…« Sie sah etwas verlegen aus. »Sie ist mein Idol.«

Rigga sah zu Kokl. »Kannst du mich darauf bringen?«

Kokl sah nach oben und lachte. »Klar, aber dann musst du abspringen. Landen kann ich da nicht. Du wirst als Lawine wieder schneller unten sein als dir lieb ist.«

»Nein«, sagte Yummi. »Du musst erst mit Giarga sprechen«, sie wies auf das Zelt. »Sie ist Adalias…«, sie suchte nach einem Wort. »Vertreterin.«

Rigga seufzte und zuckte mit den Schultern. »Dann mal los.«

Yummi ging vor und hielt ihr den Eingang zum Zelt offen. 

Giarga war eine ältliche Schamanin. Ein dicker Kalkrabe saß neben ihr auf dem Boden und starrte Rigga mit seinen schwarzen Knopfaugen seltsam an. Giarga saß im Schneidersitz auf einer prächtig gewobenen Decke und eine Drakkenträne - ein golden leuchtender Stein - verströmte eine wohlige Wärme. 

»Das kleine Orakel«, sagte Yummi. 

»Das sehe ich«, kam es schneidend von Giarga. Sie betrachtete Rigga genau, als suche sie einen Fehler an ihr. 

»Ich bin hier, um Adalia zu helfen.« Rigga hasste es, so gemustert zu werden. »Worum geht es denn überhaupt?«

»Adalia ist zu schwach.« Giargas Worte klangen verächtlich. »Sie macht ihrem Clan und allen in Isabrot Schande.« Giarga schüttelte leicht den Kopf, doch ihre Augen klebten weiterhin an Rigga. »Sie sollte niemanden außerhalb von Isabrot zu Hilfe rufen. Wenn sie zu schwach ist, muss sie ihren Platz räumen.« Irgendwas sagte Rigga, dass Giarga diesen sofort mit Beschlag belegen würde. Doch gehörte nicht auch eine Prüfung dazu?

»Sie hat vor dem Drakkenolm bestanden«, sagte Rigga. Ihr war wieder eingefallen, wie in Isabrot die oberste Schamanin bestimmt wurde. Man musste sich dem Drakkenolm stellen und überleben. 

»Ja«, sagte Giarga knapp. Es gefiel ihr nicht, dass Rigga davon wusste. »Deshalb ist ihr Wort Gesetz und du wirst zum Gipfel gebracht.« Sie lachte leise. »Es ist zum Glück nur ein kleiner Berg.«

»Gebracht?« Rigga atmete innerlich auf. Sie hatte sich schon durch den Schnee kraxeln gesehen und wie sie mit steifen Fingern die Felsen hinaufklettern musste. Anscheinend blieb ihr das erspart. 

»Yummi!«

»Ich bringe dich nach oben«, sagte Yummi. »Komm mit.«

Giarga nickte nur und Rigga war froh, diesem prüfenden Blick zu entkommen. Draußen war Kokl noch mit ihrem Drakken und winkte ihr zu. 

Das Tier, zu dem Rigga gebracht wurde, kannte sie nur aus Erzählungen. Sie hatte es für einen Scherz gehalten. 

»Ein Eierelch?«

»Ja, ein sehr zuverlässiges Tier. Er heißt Wanderflocke.« Sie lächelte, als sie Riggas Gesicht sah. 

Der Eierelch sah aus, wie ein Hirsch, doch statt Hufen, hatte er etwas, das eher nach Enten aussah. Zudem hatte es auch Federn am Geweih. Lauter bunte Federn flatterten in der eisigen Luft. 

»Ich helfe dir rauf«, sagte Yummi grinsend. 


Erneut saß Rigga auf einem schaukelnden Tier. Doch sie fühlte sich auf dem Eierelch wesentlich sicherer als auf dem Drakken. Hier konnte sie nur in den Schnee fallen.

Natürlich gab es auch ein paar Abhänge, die weniger geeignet waren, um herunterzufallen, dennoch hatte das Tier dank seiner Füße einen sicheren Tritt.
Yummi saß vor ihr und redete zwischendurch mit Wanderflocke. Sie schien das Tier sehr zu mögen, tätschelte ihm den Hals und Wanderflocke antworte mit einem brummenden Geräusch. 


 Je höher sie kamen, desto mehr mussten sie über das graublaue Gestein, der Schnee war nur noch als flache Hügel zu sehen. Als sie endlich oben ankamen, war Rigga wieder sehr durchgeschüttelt und verfluchte sich selbst, dass sie nur drei lange Unterhosen angezogen hatte. Der kalte Wind schien ihr jegliche Wärme aus dem Körper zu ziehen. 

 Ein kleines Zelt war alles, was man sehen konnte. Yummi war schnell vom Eierelch gesprungen und rannte zum Zelt. Rigga wunderte sich. Spürte sie denn die Kälte nicht? 

Adalia kletterte aus dem Zelt. Sie hatte nur ein einfaches Kleid an, dazu einen Cape aus Fellen. Sie wirkte älter, als Rigga sie in Erinnerung hatte. 

Umständlich stieg Rigga von Eierelch. Was im Grunde darauf hinauslief, dass sie sich langsam herunterrutschen ließ. Dann plumpste sie mit dem Hintern auf den felsigen Boden und der Eierelch drehte sich so, dass sie seinen buschigen Schweif ins Gesicht bekam. 

»Du bist wirklich gekommen«, sagte Adalia und half ihr hoch. 

Rigga wischte sich durch ihr Gesicht, als wenn dort noch Haare des Eierelchschweifes hängen würden. »Pfffff«, machte sie und sah dann in das verwirrte Gesicht von Adalia. 

Yummi stand lachend bei Wanderflocke. »Er liebt solche Scherze.« Mit einer Hand klopfte sie ihm auf die Seite.

»Du willst sicher wissen, weshalb du herkommen solltest, oder?«

»Das wäre ganz nett.«

»Komm, ich erkläre es dir«, sagte Adalia und ging zu dem Zelt. Sie holte ein langes und dickes Seil hervor und lachte. »Zahia, die vor mir die oberste Schamanin Isabrots gewesen war, hat mich sehr ermahnt, das Seil nicht zu vergessen.« 

»Ein Seil?« Rigga betrachtet es. »Ist es magisch?«

»Nein.« Wieder lachte Adalia. »Aber komm jetzt.«

Sie ging weiter und Rigga folgte ihr.

»Weißt du, wie dieser Berg genannt wird?« Adalia sah sich kurz zu ihr um. 

»Nein.« 

»Man nennt ihn den Trollzipfel. Und wir müssen zum Trollhaupt, das ist da vorne.« Sie wies voraus, wo eine leicht gewölbte Felsplatte zu sehen war. 

»Ihr habt lustige Namen.«

»Ja, das ist wohl wahr.« Sie waren auf der Mitte der Felsplatte angekommen. Etwas weiter ging es steil bergab. Rigga hoffte, dass sie nicht herunterklettern mussten. 

»Hier«, sagte Adalia und gab ihr ein Ende des Seils. »Du musst es gut um dich binden. Ich zeige dir, wie.« Tatsächlich achtete Adalia darauf, dass sie alles richtig machte. Dann nickte sie bestimmend. »Dann lass uns mal loslegen.«

»Loslegen? Womit?«

»Magie«, sagte Adalia fröhlich. »Wir jagen jetzt einen Haufen Magie in dieses alte Trollhaupt.« 

»In den Felsen?« Rigga schüttelte den Kopf. »Wozu?«

»Einmal alle zehn Jahre muss die oberste Schamanin mit ihrer Magie den Troll wecken.«

Trolle, so hatte es Rigga in *Magische Legenden IV von Rupfus Nebelhorn* gelesen, waren - so sie je existiert hatten - lange nicht mehr in dieser Welt. Angeblich hatte er ganz Antia, die fernen Länder jenseits des verfluchten Meeres und selbst die Götterwelt erkundet. Rigga hielt ihn für einen ganz schönen Angeber, aber seine Bücher ließen sich wenigstens lesen. 

»Den Troll wecken?«

Adalia nickte. »Leider scheine ich nicht genügend Magie in mir zu haben, weshalb ich Hilfe benötige.« Sie presste die Lippen kurz aufeinander. »Giarga hätte ich fragen müssen, doch darauf hat die alte Hexe nur gewartet.« 

 »Ihr mögt euch nicht?«

»Ich habe Yummi gebeten mir zu helfen, doch in ihr ist kaum mehr Magie als in einer Fellmeise. Bei dir bin ich mir sicher, dass du genug Magie in dir trägst.«

»Ich weiß, ich bin etwas ganz Besonderes«, seufzte Rigga. 

»Das bist du auch!« Adalia sah sie fragend an. »Es ist so toll, dass es dich gibt.«

»Aber…« Rigga schüttelte den Kopf. »Ich habe das Gefühl, dass jeder ein Stück von mir haben möchte. Volvo, der König, Fingerschnipp und auch … du.«

»Oh«, sagte Adalia. »Ich wollte dich nicht ausnutzen. Aber ich kann verstehen, dass du dich manchmal so fühlst. Doch du hast viele Freunde, die es ehrlich mit dir meinen. Und bei Volvo kannst du dir sicher sein. Sie mag dir wie eine ernste Frau vorkommen, doch sie war einst ein ziemlich wildes Mädchen.« Adalia grinste schief. 

Rigga nickte. »Immer wenn ich Magie verwende, brauche ich einen Gegenstand, der sie auslöst.« Sie tastete nach ihrem Beutel, in dem sie den magischen Stein, den ihr Garo geschenkt hatte, verwahrte. 

»Den brauchst du nicht.« Adalia reichte ihr eine Hand. »Du musst keine Angst haben.«

Sie sah sie lächelnd an. »Du hast das Seil.«

»Ja, danke.«

Sie nahm Adalias Hand und spürte ein vorsichtiges Kribbeln, dann legte Adalia ihre andere Hand auf die Felsplatte und Rigga spürte einen Zug, doch diesmal schoss die Magie nicht aus ihr hervor, sondern raste durch Adalia, die leise aufstöhnte. 

Dann bewegte sich plötzlich alles. Ein heftiges Beben ging durch den Fels und sie verlor die Verbindung zu Adalia. Diese sah sie entsetzt an. »Pass auf!« 

Doch es war zu spät, die Felsplatte hob sich auf einer Seite und Rigga stolperte dem Abgrund entgegen. Sie schrie als sie fiel. Doch das Seil wurde von Adalia gehalten und so stoppte ihr Fall recht schnell. 

»Verdammt«, hörte man Adalia rufen, denn dieser verdammte Berg bewegte sich weiterhin. Dann hörte sie die oberste Schamanin fluchen, kurz darauf schreien und dann sah sie die oberste Schamanin, wie sie etwas weiter vorne über die Felsplatte fiel.

Auch Rigga fiel wieder und vergaß nicht, angemessen zu kreischen. 

Sie hatte die Augen geschlossen, was nicht gegen das Fallen half. Dann spannte sich das Seil wieder ruckhaft und presste ihr so die Luft aus den Lungen. 

Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Adalia, die ebenso wie sie in der Luft baumelte und ihr zaghaft zuwinkte. Riggas Blick ging nach oben. Das Seil hing auf der Trollnase fest. Darüber sah sie ein großes Auge, das sich ganz langsam wieder schloss. Es ertönte ein lauter Ruf und dann hörten die Bewegungen auf. 

»Gut gemacht«, rief Adalia, die allerdings ebenso hilflos über dem Abgrund baumelte. 

»Das hätte besser laufen können«, sagte Rigga laut.

»Ich versuche mich an den Fels heranzuschwingen, klettere nach oben und ziehe dich dann hoch«, kam es von Adalia. 

Rigga sah nach oben. Dann sah sie nach unten. Sie nickte und streckte einen Daumen nach oben. »Ich vertraue dir!«

Adalia schaukelte los, während Rigga immer wieder nach oben sah. Wenn das Seil über die Nasenspitze des Trolls rutscht, würden sie wieder einen Moment damit beschäftigt sein, in die Tiefe zu fallen. 

Es dauerte etwas, dann rief Adalia. »Ich hab's!« Sie hielt sich mit einer Hand am Felsen fest. Wenn Rigga richtig vermutete, dann hatte der Troll Adalia jetzt an der Backe. Aber sie konnte nichts weiter tun, als blöde herumzuhängen. 

»Das geht so nicht«, rief Adalia, die jetzt mit ihrem ganzen Körper an der felsigen Backe klebte. »Du musst dich auch festhalten, sonst kann ich nicht nach oben klettern!«

Das war wohl eine Anspielung, dass sie zu schwer sei, dachte Rigga. 

»Also soll ich mich auch schwingen?«

»Ja, sei aber vorsichtig!«

Vorsichtig in schwindelerregender Höhe vor einem steinernen Trollgesicht herumschwingen? Rigga schüttelte den Kopf. Sie begann mit Schaukelbewegungen, wie sie es bei Adalia gesehen hatte. 

Einen Moment später konnte sie den Felsen mit den Füßen erreichen, doch diese fanden keinen Halt. Sie stieß sich kräftig ab und hörte Adalia rufen. Das Seil war über die Trollnase gerutscht und Rigga fiel und gleichzeitig änderte sich ihre Richtung. Sie klatschte irgendwo gegen den Fels und spürte, wie ihr Beutel mit dem magischen Stein sich löste. Instinktiv griff sie danach. Erneut hörte sie Adalia schreien. Die oberste Schamanin war abgerutscht - wahrscheinlich durch Riggas Schwingbewegung und evtl. auch durch ihr Gewicht. 

Ihre Finger versuchten wenigstens den Stein zu retten - was eigentlich sinnlos war, doch dann berührte sie den Stein und schloss die Augen. Sie spürte jetzt nicht mehr, wie sie fiel. Es würde wohl ihre letzte Prophezeiung sein.

Sie sah Eiszapfen rings herum. Ganz toll, dachte sie. Konnte sie in dieser eisigen Kälte nicht wenigstens eine wärmende Prophezeiung haben? Das Eis wurde mehr und mehr, während sie an den scharfen Eiskanten vorbei fiel. Zwischen den ganzen Eissplittern entdeckte sie eine Gestalt. Blau, kalt und tödlich. 


  •  Es kommt ein blauer Held. Ein tödlicher Held, der das Eis beherrscht und es gegen seine Feinde einsetzt.
  •  Ein weiteres Mal kommt das endlose Pein-Event (Endless Trial)
  •  Der Turm der Illusionen nimmt einem die Illusion
  •  Eine neue exklusive furchterregende 5-Sterne-Waffe
  •  Neue Artefakte für die Wale
  •  Angebote, die keine sind.
    evtl.
  • Das Schach-Event - was nicht so viel mit Schach zu tun hat
  • Waffenerweckungen


Verwundert öffnete Rigga die Augen. Sie sah den blauen Himmel über sich und ihre Knochen schienen auch noch ganz zu sein. Sie stöhnte leise.


»Endlich wach?« Yummi saß neben ihr im Schneidersitz und grinste sie an. »Das war ganz schön knapp gewesen, was?«


Rigga setzte sich auf. Etwas weiter entfernt sah sie Kokl mit ihrem Drakken. Sie unterhielt sich mit Adalia. 

»Was ist passiert?«

»Ihr seid wie zwei olle Steine vom Trollzipfel gefallen.«

»Der blöde Berg hat sich bewegt!«

»Es ist ein Troll«, sagte Adalia. Sie hatte gesehen, dass Rigga wach war. Kokl stand neben ihr und strahlte förmlich. 

»Es gibt keine Trolle!« Rigga schüttelte den Kopf. 

»Alle zehn Jahre müssen wir den Troll kurz wecken, damit er nicht ganz zu einem Felsen wird.« Adalia lächelte. »Das ist die Aufgabe der obersten Schamanin. Normalerweise gibt es nur eine leichte Erschütterung, doch deine Magie war so stark, dass sie ihn fast ganz aus seinem Schlaf gerissen hätte.«

Rigga zog eine Augenbraue hoch. »Ich reise hierher, unterstütze dich mit meiner Magie und jetzt soll ich an dem Schlamassel schuld sein?«

Adalia winkte ab. »Nein. So meinte ich es nicht. Es ist ja auch alles gut gegangen.«
Rigga zog nun auch die andere Augenbraue hoch. Das hatte sie sich wohl von Volvo abgeguckt. »Gut gegangen? Wir sind fast zu Tode gestürzt.« Sie schüttelte den Kopf und ließ ihre Augenbrauen sinken. »Wieso leben wir eigentlich noch?«

»Wir haben eure Schreie gehört«, sagte Yummi und deutete auf Kokl. »Sie hat euch aus der Luft gepflückt, bevor ihr unten aufkamt.«

Kokl grinste. »Diesen Dienst erweist der Drakkenexpress gerne. Ihr dürft ruhig davon erzählen.«

Rigga legte sich wieder hin. Über ihr sah sie den Himmel und die Nasenlöcher des Trolls. Ein schlafender Berg, dachte sie.

Dann lächelte sie.

Sie würde einiges zu erzählen haben.