Isabrot

Winterwunderland

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Es war ein herrlicher Tag - die Sonne strahlte lächelnd herunter, der Himmel war klar und kaum ein Wölkchen war zu sehen. Eigentlich könnte alles prima sein, wenn es nicht so schweinekalt wäre, dachte Rigga Kalkwinter, Orakel in Ausbildung, während sie in einem Schlitten saß, der sie durch die kalte Gegend Isabrot brachte.

Sieben Kreidewölfe zogen den Schlitten und ihr weißes Fell ließ ihre muskulösen Körper fast vor dem anderen Schnee verschwinden. Rigga mochte Tiere, doch diese Wölfe hatten einen unangenehmen Nachteil - sie furzten ständig und Rigga war schnell klar geworden, warum sie so weit vorne sitzen durfte, während sich das Orakel von Antia, Volvo Tamowitz, weit hinten in den luxuriösen Schlitten gesetzt hatte.

Hibek, der in dicke Felle gehüllte Schlittenführer, hatte ihr angeboten, eine stinkende Paste - wohl aus Baumharzen - unter ihre Nase zu schmieren. Sie wusste nicht, was erbärmlicher stank - Hibeks Paste oder die ständigen Fürze der Wölfe.

»Wie hältst du es hier nur aus?« Garo war nach vorne geklettert und hatte sich neben sie gesetzt.

»Ich genieße die frische Luft.«

»Frisch? Das riecht eher nach einem vergammelten Schneckenfisch. Einem, der drei Wochen in der Sonne gelegen hat.« Garo rümpfte wieder die Nase.

»Dann bist du also nicht wegen der frischen Luft zu mir nach vorne gekommen.« Rigga lächelte vor sich hin.

»Du glaubst nicht, wie schlimm es dahinten ist. Meister Moronk und das Orakel sind förmlich am Turteln. Als wäre sie junge Leute und das Orakel kichert dauernd. Da lege ich mich lieber mit einem ausgewachsenen Drakkenolm an.«

»Immerhin werdet ihr von unserer Schamanin Adalia empfangen. Das ist eine große Ehre«, sagte Hibek, ohne sich zu ihnen umzudrehen. »Da vorne seht ihr die Klaue!«

»Oh«, sagte Rigga und schaute an Hibek vorbei. Tatsächlich erhob sich dort ein Felsen, den man mit etwas Fantasie für eine Klaue halten konnte.

»Außerdem solltet ihr keine Scherze über den Drakkenolm machen«, sagte Neston Ginrig, der Schatzmeister des Königs, der wegen irgendwelcher Verhandlungen mitgekommen war. Er hatte sich hinter Rigga und Garo gesetzt. »Diese Bestie wird hier verehrt.«

Es dauerte nicht lange und der Schlitten hielt am Fuß des Felsens - der ihr jetzt mehr wie ein Berg vorkam, so drohend, wie er über ihr aufragte.

Aus einer Felsnische trat ein Mann, der über und über mit Fellen bekleidet war. Auf seinem Kopf ragten zwei gewundene Hörner nach oben.

Sein Bart war zusammengeknotet und seine eisgrauen Augen starrte die Ankömmlinge an.

»Arthurs Bande?«, fragte er Hibek, der bereits von Schlitten gesprungen war.

»Ja, bringst du sie zur Obersten?«

Der Mann nickte und sah Rigga fragend an. »Kinder?«

»Das kleine Orakel«, flüsterte Hibek, aber Rigga konnte es trotzdem verstehen.

Ein Lächeln legte sich auf das Gesicht des Mannes. »Ich bin Wugolf«, sagte er und seine Stimme hatte sich verändert. »Ich bringe euch zur obersten Schamanin.«

»Ich hoffe, ihr habt ein paar warme Zimmer für uns«, sagte Ginrig und kletterte unbeholfen aus dem Schlitten. »Man friert sich hier ja den …« - Er sah zu Rigga - »… den kleinen Zeh ab.«

»Dabei ist heute ein besonders warmer Tag«, sagte Wugolf und bot Rigga die Hand, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Rigga nahm die Hand und spürte durch den Handschuh Magie fließen. Sie sah ihn verwundert an. »Bist du auch ein Schamane?«

Er lächelte noch breiter, während Rigga ausstieg. »Bei uns sind viele mit Magie gesegnet, doch die oberste Schamanin ist die, die den Kampf mit einem Drakkenolm überlebt hat. Mir fehlt der Mut, in die Höhle hinab zusteigen und mich dem Schicksal auszuliefern.«

Rigga war erstaunt und ganz froh, dass es wohl keine solche Prüfung für ein Orakel gab. Sie sah, wie Meister Moronk dem Orakel von Anita aus dem Schlitten half. Sie fiel förmlich in seine Arme und lachte fröhlich. Dann sah sie Rigga und wurde sofort wieder ernst.

Wugolf führte sie eine Treppe hinauf, die aus dem Fels geschlagen war, und man hatte auf ein Geländer verzichtet. Hintereinander, den Felsen an der einen Seite und den immer tieferen Abgrund auf der anderen, stiegen sie hoch bis zu einem Plateau. Sie mussten jetzt oben auf der Klaue sein und Rigga sah verblüfft einen Palast, der ganz aus Eis zu bestehen schien.


»Beeindruckend, oder?«, sagte das Orakel und war neben Rigga stehen geblieben. »So habe ich auch gestaunt, als ich es das erste Mal gesehen habe. Die frostige Basilika von Isabrot.« Sie seufzte.

»Aber…« Rigga sah nochmal genau hin. »Irgendwie fehlt einiges an der linken Seite.«

»Ja, das ist auf einen Unfall mit brennendem Fett zurückzuführen. Da ist ein Teil leider weggeschmolzen.«

»Ein Unfall?«

»Genau. Lass uns Adalia begrüßen.« Sie ging weiter und Garo blieb neben ihr stehen. »Kommst du?«

Wugolf öffnete die eisigen Tore, in denen seltsame Muster eingraviert waren. Dahinter wartete ein riesiger Raum, ein Saal, der in unzähligen Farben zu glänzen schien. Eine Frau, die einen riesigen Vogelschnabel als Helm trug und einen Stab in der linken Hand hielt, auf dem ein Grimmabe saß und mit seinen hellblauen Flügeln schlug.

»Volvo«, sagte sie und kam auf das Orakel von Antia zu, breitete die Arme aus und umarmte sie. »Es ist viel zu lange her.«

»Adalia, oberste Schamanin. Du hast es geschafft und deinen Traum wahr gemacht.«

Adalia lachte und obwohl ihre Augen dunkel geschminkt waren, wirkte sie freundlich. »Das musste ich doch auch, sonst hättest du nie wieder her gedurft.« Sie sah zu Rigga. »Das ist deine Auszubildende?« Sie stellte sich vor Rigga, die nicht wusste, ob sie ihr die Hand reichen sollte. Eine Umarmung wäre sicher zu viel.

»Rigga Kalkwinter«, sagte sie schüchterner, als sie eigentlich wollte.

»Ein guter Name«, sagte Adalia und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Auch diese Berührung ließ Riggas Haut prickeln, als würden winzige Nadeln hineingesteckt.

»Kommt, euch Warmländern wird es hier sicher nicht so gut gefallen.«

Sie führte sie eine Treppe hinunter in weitere Räume, in denen es spürbar wärmer war. Sie hörte Ginrig aufatmen und er stellte sich vor einen der goldenen Steine, von denen die Wärme ausging.

»Das sind die Drakkentränen«, erklärte Volvo Tamowitz. »Sie stammen angeblich vom ersten Drakken, der diese Welt geschaffen hatte, doch blieb er stets einsam. Aus Trauer darüber hat er goldene Tränen geweint.«

»Aha.«

»Langweile sie nicht mit den alten Geschichten. Ich bin neugierig. Dem Vernehmen nach hast du mit der guten Annwn in Nebelheim ein paar Probleme gehabt.« Sie ließ sich auf einen der mit Fellen gepolsterten Hocker nieder. »Du musst wissen, wir waren auch mal jung und Volvo, Annwn und ich, wir hatten viel Spaß zusammen. Stimmt doch Volvi, oder?«

Meister Moronk lachte leise, er hatte sich neben das Orakel gesetzt. Es fehlte nur noch, dass sie Händchen halten, dachte Rigga. Dann bemerkte sie, dass Garo, der neben ihr saß, nach ihrer Hand griff. Sie zog sie schnell weg.

»Wir sollten uns lieber erst über das bevorstehende Fest unterhalten«, sagte Ginrig, der seine Hände gegen die Drakkenträne presste. »Danach könnt ihr so viel tratschen, wie ihr wollt.«

»Er hat recht«, sagte Adalia. Dann schickte sie Meister Moronk und Garo nach oben. Sie sollten das Podest aufbauen, das Garo für Rigga entworfen hatte. Dann gab es viele langweilige Erklärungen, bei denen Rigga in einen leichten Schlummer fiel.

Jemand stupste sie an. »Komm jetzt!« Garo stand neben ihr. »Es wird Zeit für deinen Auftritt.«

Rigga hatte wohl wirklich geschlafen. Sie ließ sich von Garo die Treppe hinauf ziehen und sah schon, bevor sie die Basilika verließ, dass sich einiges geändert hatte. Eine riesige, bunt geschmückte Schaudertanne von der unzählige bunte Bänder in der Luft flatterten. Kleine Figuren aus Holz hingen überall und er wirkte sehr erhaben und feierlich.

»Da, aufs Podest«, sagte Garo und schubste sie ein bisschen vorwärts. Auf dem Podest standen bereits die Schamanin Adalia und das Orakel von Antia. Vor dem Podest und mit etwas Abstand um den Baum hunderte von Menschen, die in dicke Felle gekleidet waren. Kinder, die sie mit roten Nasen und neugierigen Augen anstarrten, als sie auf das Podest kletterte. Adalia zog sie etwas, damit sie in der Mitte stand.

»Fellmänner und Wildfrauen aus Isabrot, es ist der Tag des brennenden Baumes. Der Tag, der uns an unsere große Heldin Silvia erinnern soll, die von einem riesigen Raben zu dem Turm über den Wolken getragen wurde und von dort aus über uns wacht.«

Die Leute klatschten und jubelten. Adalia wusste genau, was sie hören wollten. Wahrscheinlich sagte sie jedes Jahr dasselbe, dachte Rigga. »Dieses Jahr werden wir euch ein weiteres Wunder zeigen. Das Orakel von Antia und ihre Auszubildende - auch oft das kleine Orakel genannt - werden zusammen mit mir die Magie nutzen, um einen kurzen Blick auf die Splitter der Zukunft zu bekommen.«

Jetzt johlten einige und der Applaus war wesentlich lauter. Leider war es hier wieder so kalt, dass Rigga befürchtete, sie würde festfrieren. Der Wind schien immer stärker zu werden, und ihre rechte Wange spürte sie schon kaum noch. Obwohl sie sich vorher nie Gedanken über ihre Wangen gemacht hatte, wollte sie diese nun ungern verlieren.

»Ich hoffe, du bist bereit«, flüsterte Adalia.

Rigga griff in ihren Beutel, in dem sie einen Stein hatte, der voller Magie war. Sie hatte diesen von Garo geschenkt bekommen. Er war nach dem Abenteuer in Morganella, wo sie nur die magische Münze Meister Moronks gerettet hatte, gleich auf die Suche gegangen. Sie wusste nicht, was es ihn gekostet hatte, aber sie würde den Stein in Ehren halten.

Sie spürte sofort die Magie, ihre Hand fing an zu kribbeln und der Stein fiel ihr aus der Hand und rollte über das Podest. Das Orakel von Antia stoppte ihn mit dem Fuß und Rigga hob ihn schnell auf. Sie spürte, wie ihr Blut in den Kopf schoss. So würde ihre von der Kälte gerötete Nase nicht auffallen, wenn der ganze Kopf rot leuchtete.

»Steck den Stein weg«, sagte Adalia lächelnd. Dann nahm sie ihre linke Hand und Volvo nahm ihre rechte und sofort schoss die Magie hervor. Farbiger Rauch stieg plötzlich empor und bunte Funken stoben in die Luft. Adalia, Rigga und das Orakel von Antia warfen ihre Köpfe und ein staunendes Raunen war von den Leuten zu hören.

  • Es kommt ein Held für das lila Team und sie sieht etwas dämonenhaft aus.
  • Ein Event, dass man schon von den Würfeln her kennt
  • Ein Speedrun-Event
  • Segnungsevent für Waffenfreunde
  • Angebote, die keine sind

    und, weil schon von den Göttern Antias verkündet:
  • Eine neue Kampagne
  • Neue Level bei den Schatzsuchen und Titanen
  • Abzeichen, deren Sinn sich noch abzeichnen wird.

    eventuell:
  • Waffenerweckungen
  • Artefakte, die keiner will

Schreie und Warnrufe erschollen und Rigga sah noch oben, wo ein riesiger schwarzer Schatten zu sehen war, der sich der Felsenklaue näherte. Adalia ließ ihre Hand los. »Der Riesenrabe!«, sagte sie fast heiser. »Er will unser Fest zerstören.«

Rigga beobachtete, wie aus dem Schatten sich ein schwarzer Rabe formte, dessen Augen wie glühende Kohlen leuchteten. Mit seinen gewaltigen Klauen griff er nach der Schaudertanne, die sich weiter schüttelte, doch es half nicht. Mit kräftigen Flügelschlägen hob der Riesenrabe die Schaudertanne hoch.

Alle hielten den Atem an und niemand schrie mehr. Es war fast, als gäbe es keine Töne mehr.

Rigga tastete nach ihrem Stein. Konnte Magie irgendwie helfen? Es war eine lächerliche Frage, denn neben ihr stand eine mächtige Schamanin, die ebenso hilflos wirkte, wie alle anderen.

Das Gewicht der Schaudertanne machte es für den Raben schwer, schnell wieder nach oben zu kommen. Rigga griff nach dem Stein und sie hoffte, dass sie jetzt nichts falsch machte. Mit zusammengepressten Zähnen holte sie aus und schleuderte den Stein dem Riesenraben entgegen.

Sie wünschte sich von Herzen, das er treffen würde und tatsächlich schoss der Stein, einen silbernen Schweif hinter sich herziehend, weit nach oben und traf den Riesenraben über dem linken Auge. Es gab ein Geräusch, als hätte jemand einen riesigen Gong betätigt, dann folgte ein erschrockenes Krächzen und der Rabe ließ die Schaudertanne los. Diese fiel nach unten und ihr Stamm bohrte sich so fest in die gefrorene Fläche, das sie stehen blieb. Etwas schief, aber sie stand, während der Rabe wieder wie ein Schatten verschwand.

Es dauerte einen Moment, dann brandete Jubel auf.

Adalia nahm Rigga in die Arme und hob sie ein Stück hoch. »Du hast das Fest gerettet, kleines Orakel!«

Sogar das Orakel von Antia drückte sie kurz, so nahe waren sie sich noch nie gekommen. Garo stürmte auf die Bühne und seine Umarmung war die allerbeste.

»Jetzt feiern wir!«, rief Adalia und flüsterte leise ein paar Worte.

Plötzlich schossen feurige Schlangen durch die Schaudertanne, die sich nun unablässig schüttelte. Anscheinend waren auch Glöckchen im Baum, denn es bimmelte ziemlich wild. Aber die Leute jubelten und als die Musik von Flötenspielern erklang, tanzten alle um den jetzt lichterloh brennenden Baum.

Auch Rigga sah ehrfürchtig zu. Dann kam Hibek zu ihr und neigte seinen Kopf. »Dein magischer Stein!«, sagte er und reichte ihn ihr. Garo lachte. »Das war grandios!«, sagte er leise. »Aber bitte, pass besser auf den Stein auf.«

Sie stiegen von der Bühne und tanzten mit den freundlichen Menschen aus Isabrot. Ein bärtiger Mann reichte ihr einen Becher und als sie daraus trank, kam es ihr vor, als hätte sie Feuer geschluckt. Sie hustete, während Garo ihren Rücken tätschelte. »Drakkenschaps«, sagte er leise.

Meister Moronk und das Orakel von Antia tanzten eng beieinander. Sie hörte Ginrig mit einigen Händlern feilschen und immer wieder schimpfen.

Rigga Kalkwinter lächelte und plötzlich war ihr nicht mehr kalt.