Wald der Monster

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Die letzten Tage waren angenehm ruhig gewesen. Rigga hatte nicht viel zu tun, außer ihre Nase in Bücher zu stecken und darüber einzuschlafen. 

Leider hatte Volvo die Übungen in Kampfmagie ausgesetzt. Es sei zu gefährlich. Rigga würde sich jemanden suchen müssen, der nicht so zimperlich war. 

Sie klopfte an die Tür zum Ratsraum, in den sie gerufen worden war. Wahrscheinlich ging es wieder um irgendein unwichtiges Problemchen. Sie öffnete die Tür und sah den König an der Kopfseite des langen Ratstisches. Er sah sie ungewohnt ernst an. Ihr Vater - Lohok Kalkwinter - saß an der rechten Seite des Tisches neben Volvo Tamowitz, dem Orakel von Antia und ihre Ausbilderin. 

Auf der rechten Seite hatten Neston Ginrig und Odin Tafelspitz Platz genommen. Alle sahen sie an. Rigga versuchte es mit einem Lächeln. 

»Wir haben uns etwas überlegt«, begann ihr Vater. »Also eigentlich hat es sich Volvo überlegt.« Er räusperte sich.

»Du brauchst mehr praktische Erfahrungen«, sagte Volvo. »Du hast dich bisher gut gemacht und hast auch einige gefährliche Situationen gemeistert. Doch wir können nicht darauf warten, dass dir wieder mal jemand ans Leder will.«

»Also«, sagte Rigga leise. »Ich wäre ganz froh, wenn mein Leder nicht so begehrt wäre.«

»Kennst du die Monsterjäger?« Der König strich sich durch den Bart. »Mutige Männer - und Frauen -, die sich im Wald der Monster um die Bedrohungen kümmern.«

Rigga nickte. »Davon habe ich schon einiges gehört. Ich denke, das ist eine Gruppe von Dummdödeln, die nichts Besseres zu tun haben.«

Es wurde still im Ratsraum. Alle - bis auf den König - schienen den Versuch zu unternehmen, die eigenen Schuhe durch die Tischplatte hindurchzusehen. 

»Dummdödel?«, hakte der König nach.

»Leute, die für Geld in diesen Wald stapfen, um Monster zu erlegen. Wie sollte man sie sonst nennen?«

»Tapfere Männer«, sagte der König. Er gewahrte den Seitenblick von Volvo. »Und Frauen natürlich auch.«

Rigga schwante Übles. »Ihr wollt mich dahin schicken?«

»Eine Luftveränderung«, sagte Ginrig. »Damit würdest du vielleicht auch etwas zu den enormen Kosten beitragen, die du verursachst.«

Rigga schüttelte den Kopf. »Nö! Das könnt ihr euch von der Backe schmieren.«

»Rigga!«, zischte ihr Vater. »Der König ist anwesend.«

»Ich bin ziemlich verwundert«, gestand der König. »Ich dachte, dass du wüsstest, wie mutig dort gekämpft wird.« Er räusperte sich. »Seitdem die Monster das Dorf Zenik überrannt haben, drängen wir sie zurück in diesen verdammten Wald.« Er funkelte sie ärgerlich an. »Um deine Worte zu gebrauchen - ich war auch ein Dummdödel.«

»Oh«, sagte Rigga. Jetzt hätte sie gerne auch den Trick mit der Tischplatte versucht.

»Aber ihr ward ein königlicher….« 

»Dummdödel?«, half der König aus.

»Ein mutiger und selbstloser Kämpfer. Sicher ist es nur eurer Stärke und Kampfkraft zu verdanken, dass die Monster zurückgedrängt wurden.«

»Machst du dich über mich lustig?«

Rigga hob die Hände. »Niemals.«

»Ich habe mich entschieden. Du wirst auch ein Dummdödel!«

Volvo räusperte sich und der König verdrehte die Augen. »Oder eine Dummdödelin.«

»Ihr könnt sie nicht alleine in diesen Wald schicken«, sagte ihr Vater. 

»Kann Garo mitkommen?«, fragte Rigga schnell. 

»Ich habe da an jemand anderen gedacht«, sagte Volvo. »Eine ausgezeichnete Kämpferin, die flink und schnell mit ihrer Waffe ist und sich auch beim Kampf gegen das Seeungeheuer verdient gemacht hat.«

»Kazia?« Odin Tafelspitz sah verwundert aus. »Sie ist eine Rekrutin. Wenn ihr sie dorthin schickt, wird sie es eventuell nicht überleben.«

»Papperlapapp«, sagte der König laut. »Ich habe es überlebt und sie wird es auch.«
Kazia Po-Kal war nicht gerade jemand, mit dem Rigga gerne zusammen war. Doch der König hatte entschieden. Sie ließ den Kopf ein wenig hängen, als sie aus dem Ratsraum kam.

Mit Garo wäre es sicher ein Spaß gewesen. 


Die Reise nach Zenik war recht schnell gewesen. Während Rigga mit der königlichen Kutsche gebracht wurde, hatte Kazia Po-Kal den Weg auf dem Rücken eines Pferdes zurückgelegt. 

Als Rigga aus der Kutsche stieg, war niemand gekommen, sie zu empfangen. Sie blickte auf ein Dorf, dass sie durch die Augen der blutigen Tina gesehen hatte. Doch es waren nur noch Ruinen. Dafür standen überall Zelte, in allen Größen und Farben. Händler priesen ihre Waren an und überall waren Bewaffnete zu sehen. 
Es sah wie eine bunte chaotische Stadt aus. Eine Behelfsstadt. 

Kazia war von ihrem Pferd gestiegen, das hinten an die Kutsche gebunden wurde. Dann verschwand die Kutsche und Rigga fühlte sich allein. 

»Hast du was gegen mich?« Kazia sah Rigga prüfend an. »Nö«, sagte Rigga. 

Was sollte Rigga auch gegen eine wunderschöne junge Frau haben, die viel Zeit mit Riggas Freund verbrachte? Die zudem eine ausgezeichnete Kämpferin war, jede ihrer Bewegungen schienen fließend zu sein. Sie sah außerdem wahnsinnig gut aus. (Ja, das musste doppelt erwähnt werden.)

Rigga hingegen fühlte sich in Kazias Gegenwart wie ein Bauerntrampel. Besonders jetzt, da sie mit ein paar unschönen Pickeln kämpfte. 

»Du redest kaum mit mir.«

»Doch, jetzt gerade.«

»Ist es wegen Garo?«

»Garo?«

»Deinem Freund?«

»Ach, der!«

Kazia legte den Kopf schief, dann zuckte sie mit den Schultern und ging die einzige breite Straße entlang. Zwei Zwerge kamen ihnen entgegen. Sie unterhielten sich und wirkten mürrisch. Zudem trugen sie unterschiedliche Farben. Der linke gehörte zur roten Fraktion der Zwerge. Der andere zur blauen, der Fraktion der Kleinwüchsigen. 

»Wir suchen Iso Latoto«, sagte Kazia freundlich.

Der rote Zwerg betrachtete sie sehr ausgiebig. »Lässt er sich schon Weiber kommen?« Dann lachte er laut. »Du wärst mit mir besser bedient, meine Hübsche. Kolbar kann das Pickelgesicht nehmen.«

Rigga merkte, wie Zorn in ihr aufwallte.

Kazias Klinge flog aus der Scheide und landete am Hals des roten Zwergs. Die Bewegung war so schnell, dass Rigga ihr nicht folgen konnte. 

»Ihr solltet euch lieber gleich entschuldigen!«, sagte Kazia und klang noch immer freundlich. »Meine Freundin ist Rigga Kalkwinter, das kleine Orakel.«

»Orakel?« Der blau gewandete Zwerg sah Rigga an. »Ich gebe einen feuchten Furz auf diesen Quatsch!« 

»Iso ist hinten in dem hässlichen gelben Zelt.« Der Zwerg in den roten Farben schob mit einem Finger die Klinge von seinem Hals. »Und wenn du einen Kampf suchst - da wartet ein ganzer Wald voller Monster!«

»Deswegen sind wir hier.« Kazia steckte ihre Klinge wieder ein und sie gingen an den Zwergen vorbei. 

Sie fanden das große gelbe Zelt ohne Probleme. Doch bevor sie eintreten konnten, kam ein weiterer Zwerg aus dem Zelt - diesmal in den gelben Farben der Naya-Kirche. Zwei Äxte waren auf seinem Rücken befestigt. Sein grauer Bart war zu einer Art Zopf geflochten und zwei meerblaue Augen sahen sie überrascht an. 

»Ihr seid schon hier?«

»Iso Latoto?«

»Zwei Kinder?«

»Iso Latoto?«, wiederholte Rigga ihre Frage. 

»Volvo hat sich wohl zu viel von diesem blöden Rauch reingezogen.«

Rigga schüttelte den Kopf. »Seid ihr…«

»Ja, ja.« Er winkte ab. »Ihr seid die beiden Neuzugänge aus Arturs Speichelleckerburg?«

»Dies ist Rigga Kalkwinter«, sagte Kazia schnell. »Ich bin Kazia Po-Kal. Wir sind hier, um von euch zu lernen, wie man Monster jagt.«

»Ah«, sagte Iso Latoto. »Ihr seht eher nach etwas aus, das von Monstern gejagt wird. Aber was solls. Wer nicht stirbt, lebt länger, nicht wahr?«

»Öhm«, sagte Rigga.

»Wir brauchen ein Quartier und dann…« Kazia schaltete wieder schneller. 

»Quartier?« Iso Latoto lachte laut. Ein Lachen, das Rigga nicht gefiel. »Ihr habt hoffentlich Zelte dabei. Sonst werdet ihr euch eines verdienen müssen.«

»Öhm?«, sagte Rigga erneut.

»Wir haben keine Zelte, aber es ist eure Pflicht, uns entsprechend unterzubringen. Wir kommen…«

Iso hob eine Hand. »Ihr seid Neulinge und nicht mehr. Ihr bekommt keine Sonderbehandlung, nur weil ihr dem König, dem Schatzmeister oder dem Orakel in den Hintern gekrochen seid.«

Wieder flog Kazias Klinge aus der Scheide, doch Iso war mindestens genauso schnell. Er hatte die beiden Äxte in der Hand und wehrte Kazias Klinge mühelos ab. 

Er lachte erneut. »Okay, ihr habt für diese erste Nacht ein Quartier.« Er deutete auf eine wacklige Holzhütte am Rande des Lagers. 

»Geht doch«, sagte Rigga und drehte sich weg. Kazia holte auf. »Das habe ich mir anders vorgestellt.«

»Löst du eigentlich jedes Problem mit dem Schwert?«


Die Nacht auf einem Boden aus morschem Holz ließ Rigga sich selbst morsch fühlen. Sie gähnte und stand auf. Kazia hatte sich eingerollt und schnarchte laut. Wenigstens schlief sie nicht perfekt. 

Rigga öffnete die Tür und sah zwei Baumstämme direkt vor der Tür stehen. Die waren gestern noch nicht da gewesen. Sie sah weiter nach oben. Ein Kleid, Arme, ein Kopf, der zu ihr hinabblickte. Ein Kopf mit wenig Haaren obendrauf, dafür zwei zottige Zöpfe an den Seiten. 

Rigga keuchte. Dann sprang sie vor, rollte zwischen den Beinen der Riesin hindurch und rannte los. »Alarm!«, rief sie, so laut sie konnte. »Monster im Lager!« Doch die Leute, die aus den Zelten traten, sahen sie nur verwundert an. Iso Latoto hatte ein geblümtes Nachthemd an und eine seltsame weiße Mütze auf dem Kopf. Er gähnte und winkte ab. 

Rigga konnte es nicht glauben. »Ihr verdammten Dummdödel!« Sie zeigte immer wieder auf die Riesin, die sich umgedreht hatte. Etwas wie ein Lächeln lag auf dem großen Gesicht. 

»Das ist Puschel«, sagte Iso Latoto und verschwand wieder im Zelt. Einen Moment später stand Rigga alleine da. 

»Puschel?«

Die Riesin nickte. »Keine Angst, Orakelchen.«

»Du bist eine Riesin«, sagte Rigga. Darauf bestand sie. Immerhin hatte sie so viel über die Monsterarten gelesen, dass sie quasi eine Expertin war - oder sich dafür hielt. »Riesen sind Monster!«

Kazia kam aus der Hütte, rieb sich verschlafen die Augen und ging zwischen den Beinen der Riesin hindurch. »Was ist los? Hast du so geschrien?«

Rigga nickte und deutete zur Riesin. Kazia drehte sich um, gab einen kreischenden Laut von sich und sprang an Riggas Hals. 

»Bin eine Freundin«, sagte die Riesin sanft. »Heilerin.« Sie deutete auf sich. »Puschel.«
Kazia ließ Rigga los. »Puschel?«

»Sie ist unsere Heilerin«, sagte ein drahtiger Mann, der ein langes türkises Gewand trug. Ein Semu, unverkennbar. Sein Bart wirkte unordentlich. »Ich bin Sandro. Sandro Kahn.« Er lächelte. »Monsterjäger. Ich gehöre zu Isos Trupp.«

Iso kam nach ein paar Minuten aus seinem Zelt und strahlte Rigga und Kazia an. »Ich habe einen Auftrag für euch.« Sein Lächeln gefiel Rigga gar nicht. »Erledigt einen Milchknilch. Wenn es mehrere sind, ist es auch nicht schlimm.«

»Milchknilch?«, sagten Rigga und Kazia gleichzeitig.

»Haarlose, blasshäutige Wesen. Sie haben scharfe Krallen, scharfe Zähne, aber zum Glück keine scharfen Augen.« Sandro nickte leicht. »Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe.« 

»Milchknilche?« Rigga hatte in keinem der Bücher etwas von einem Wesen gelesen, das so genannt wurde. Das hätte sie sich gemerkt. 

Iso Latoto nickte. »Wir bekommen 100 Große Heldentoken für einen bestätigten Milchknilch weniger.«

»100 Große Heldentoken?«

»Ihr bekommt nur 10, denn das meiste geht an das Team.«

»Und den Teamleiter nicht zu vergessen«, murmelte Sandro. 

Iso klatschte in die Hände. »Auf mit euch in den Monsterwald. Geht nicht zu tief hinein.

Wir wollen euch doch nicht gleich am ersten Tag verlieren.«
Rigga schluckte. 

»Wenn ihr wiederkommt«, sagte Puschel, die ihnen zugesehen hat, »dann heile ich euch. Kann ich gut.«
 


»Neulinge«, murmelte Mirmok, der von Iso Latoto angewiesen worden war, sie zum Wald zu bringen und ihnen ein paar Tipps zu geben. Irgendwie war er nicht so begeistert davon. 

Rigga und Kazia liefen hinter ihm her. Während Kazia mit ihrem Schwert bewaffnet war, hatte man Rigga nur einen etwas stumpfen Dolch in die Hand gedrückt, den keiner mehr verwenden wollte. 

Mirmok war ein stämmiger Kerl mit einem breiten Kreuz. Seine Waffe war ein Holzstab mit einer Kette daran. An der Kette hingen viele scharfe Wurfsterne. Er hatte eindeutige Merkmale der Elfen - also fiese, spitze Ohren - aber sein wie poliert glänzender haarloser Kopf hatte nichts von den prächtigen Haaren, mit denen die Elfen sich sonst schmückten. 

»Milchknilche?« Er sah nicht nach hinten. »Sind nicht sonderlich schwer zu finden. Sie abzumurksen ist etwas ganz anderes.« Jetzt blieb er stehen und drehte sich zu ihnen um. Der Wald war nicht mehr weit entfernt. Rigga konnte verschiedene Laute hören, die ihr nicht gefielen. 

»Ich kann recht gut mit dem Schwert umgehen.« Kazia hob das Kinn, als würde ihr ein langer Hals mehr Würde verleihen. 

»Und du?« Mirmok sah Rigga an. »Was kannst du? Willst du sie anlocken und dich auf deine Freundin verlassen? Mit dem Dolch wirst du jedenfalls nicht viel erreichen.«

»Magie«, sagte Rigga und hob ebenfalls das Kinn. Als Kazia leise kicherte, ließ sie es wieder sein.

»Okay.« Mirmok zuckte mit den Schultern. »Also gebe ich euch eine kleine Einführung, was euch erwartet.« Er lächelte und entblößte so einen braunen Fangzahn. »Solltet ihr irgendwo Matschkulen finden, seid vorsichtig. Darunter könnte sich ein Matsch-Pfui verbergen. Sie kriechen unter den Schlamm und warten auf Opfer.«

»Sie sind ziemlich flach und haben scharfe Krallen. Im Großen und Ganzen werden sie im zweiten Band von Schlumberger als ungefährlich geführt«, fachsimpelte Rigga. 

»Oh, du kannst lesen?«

»Das war hilfreich bei den ganzen Büchern, die ich lesen musste. Also, ja.«

»Du hast recht. Matsch-Pfuis sind unangenehm und können fiese Kratzer verursachen, aber sie sind nicht tödlich. Anders als die Flüsterbäume.«

»Flüsterbäume?«

»Folge niemals den flüsternden Tönen«, warnte Mirmok, »denn, wenn du zu nahe an den Flüsterbaum herankommst, packen dich seine Wurzeln, halten dich fest und ziehen dich in die Tiefe. Man sagt, das Flüstern stammt von den armen Seelen, die den Bäumen zum Opfer gefallen sind.«

Rigga musste zugeben, dass dies recht gruselig klang. Zudem hatte sie noch nie davon gelesen. Vielleicht sollte sie nach ihren Abenteuern im Wald der Monster selber ein Buch schreiben, dass dann irgendwann angehende Orakel zum Einschlafen benutzen können?

»Ansonsten findet man in den Randgebieten noch Kassa-Rollas, runde Viecher, die unglaublich weit springen können. Aber sie haben nur den einen Arm, mit dem sie alles erledigen. Sich festhalten, sich fortbewegen oder jemanden angreifen. Nehmt sie nicht auf die leichte Schulter, denn sie beherrschen es sehr gut, zwischen den Bäumen hin und her zu springen.«

»Es geht um einen verdammten Milchknilch«, sagte Kazia. »Den sollten wir doch wohl schnell abhaken können, oder?«

»Milchknilche - so sagt man - sind dämonische Abkömmlinge. Sie tauchen immer wieder auf, egal wie viele wir von ihnen umbringen. Da gibt es nur einen Rat - haltet sie euch von Leib.«

Rigga wäre gerne wieder umgekehrt und hoffte, dass es in Kazia ähnlich aussah. Die Rekrutin ließ sich nichts anmerken, falls es so war. Sie nickte nur. »Dann mal los.«

Mirmok wies auf den Wald. »Viel Glück. Ihr werdet es brauchen.«


Sie betraten gemeinsam den Wald, dessen Bäume die Sonne fast komplett fernhielten und durch die wenigen Sonnenstrahlen, die es schafften durchzudringen, wurde eine eigenartige Stimmung geschaffen. 

»Wieso hat man dich eigentlich hierher geschickt?« Kazia hatte die Hand an ihrem Schwert, bereit, es sofort zu zücken. 

»Ich habe jemanden Dummdödel genannt.«

»Oh. Wen?«

»Darf ich nicht sagen. Der König will nicht zum Gespött der Leute werden.«

»Es ist gut, wenn man Geheimnisse für sich behalten kann. Erinnere mich daran, dir niemals ein Geheimnis anzuvertrauen.«

Der Waldboden war moosig, bei fast jedem Schritt von Rigga zerbrachen trockene Äste unter ihren Füßen. Dahingegen lief Kazia fast lautlos. 

»Ich weiß nicht, was ich von dir halten soll«, sagte Rigga. »Du bist mit Garo befreundet.«

»Du glaubst, ich sei eine Rivalin?« Kazia lachte leise. »Garo ist schon ein hübscher Bursche und dieser knackige Hintern.« Sie machte einen schmatzenden Laut. »Echt erste Sahne.«

»Wenn gleich ein Milchknilch angerannt kommt, um dich in Stücke zu hacken, werde ich ihm jetzt wohl helfen.« Rigga schüttelte den Kopf. »Darauf kannst du vertrauen.«

»Ach was«, sagte Kazia. »Ich bin überhaupt nicht an Garo interessiert.«

»Klar. Deswegen fällt dir auch sein knackiger Hintern auf.«

Kazia blieb stehen und drehte sich zu Rigga um. Sie sah ihr in die Augen - Kazia hatte wirklich wunderschöne Augen, fiel Rigga dabei wieder auf - und hob etwas die Hände. »Liebe Rigga, ich bin an überhaupt keinem Kerl interessiert. Da kannst du ganz beruhigt sein.«

Rigga spürte, wie sie rot anlief. »Oh. Das bedeutet… Ähm, das wusste ich nicht…«

»Das weiß kaum einer. Es gibt nur eine, die es sicher weiß. Diese hat mein Herz und ihr bin ich treu.«

Rigga wunderte sich, aber sie lief noch stärker rot an. »Du meinst…. Ich?«

Kazia lachte. »Nein, du altes Pickelgesicht. Erezia lebt in der Wasserfestung der Antide und wir haben uns seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen. Dennoch wird mir ganz warm, wenn ich an sie denke.«

Es gab einen peitschenden Laut und etwas schnellte hinter Kazia hoch. Aus einem Sumpfloch sprang ein Matsch-Pfui hoch. Rigga schubste Kazia zur Seite und wehrte das Wesen mit einem magischen Schild ab. Es fiel zu Boden, wo Kazia es mit einem Schwertstreich erledigte. 

»Danke«, sagte Kazia und grinste.

»Nenn mich nicht noch mal Pickelgesicht, okay?«

»Wie wäre es, wenn ich nur Pickelchen sagen würde?«

»Wie wäre es, wenn du den Milchknilch dort vorne erledigen würdest?« Die bleiche, haarlose Gestalt hatte sie beobachtet. Die Zähne waren gebleckt und die krallenbewehrten Finger bewegten sich unruhig. 

»Komm her, Milchbubi.«

Das Wesen blieb unverändert stehen. Etwas Speichel tropfte ihm aus dem Mund. Es war nicht besonders schön anzuschauen. 

Kazia seufzte und ging auf den Milchknilch zu. Er schien sie zu erwarten. Doch als sie ihm auf wenige Meter nahegekommen war, schossen pfeilschnell Wurzeln aus dem Untergrund und packten Kazia. Ihr Schwert fiel auf den Boden und während sie zappelnd in die Tiefe gezogen wurde, richtete sich der Blick des Milchknilchs auf Rigga. 

Keine Panik, sagte sie sich, um ihre Panik zu unterdrücken. Es half nicht. Sie wäre gerne weggelaufen, doch dann hätte sie Kazia im Stich gelassen. Das kam nicht infrage. 

Sie setzte ein Lächeln auf und ging auf den Milchknilch zu. Dieser schien zu nicken und dann rannte er auf Rigga zu. Sie hob die Hände und - Plopp - prallte der Milchknilch gegen den magischen Schild, den sie erzeugt hatte, und wurde gegen einen Baum geschleudert, wo er liegen blieb. Jetzt kamen Geräusche aus verschiedenen Richtungen. Mehrere Milchknilche stürmten auf sie zu. Sie nutzte ihren Schild, um diese von sich fernzuhalten, während sie zu dem verdammten Baum blickte, der Kazia in die Tiefe gezogen hatte. 

»Kazia?«, rief Rigga laut. Die Milchknilche hatten erkannt, dass sie Rigga so nicht erreichen konnten. Sie hielten sich abwartend außerhalb ihres Schildes.

»Ja«, rief Kazia. »Hilf mir!«

»Ähm, das soll jetzt nicht undankbar klingen, aber ich habe hier alle Hände voll zu tun. Kannst du dich selber befreien?«

»Ohne Schwert? Bald werden die Wurzeln mich komplett einrollen und meine Knochen zermalmen.«

Rigga seufzte und trat an den Baum heran, ließ ihre Füße von den Wurzeln umwickeln und als sie nach unten gezogen wurde, verpuffte der magische Schild. 

Sie landete in einer Art Höhle. Man sah kaum etwas, aber ihre Hände waren weiterhin frei. Sie lachte leise. »So sieht man sich wieder.«

»Das soll dein Rettungsplan sein?«

Rigga schüttelte den Kopf und zog den Dolch. »Das ist mein Rettungsplan.« Sie hieb auf die Wurzeln ein, die ihre Füße umklammerten. Als könnten sie Schmerz empfinden, zogen sie sich ruckartig zurück und Rigga war frei. Kazia, deren Unterkörper bereits von Wurzeln umschlungen war, konnte sie ähnlich leicht befreien. 

»Danke«, sagte Kazia erstaunt. »Danke auch, dass du nicht abgehauen bist.«

»Ich habe gesagt, ich helfe den Milchknilchen, dich zu erledigen, nicht einem dämlichen Baum.«

Kazia hatte bereits einen Ausgang gefunden, durch den sie nach oben krabbeln konnten. Rigga trat als Erste aus der Höhle, bereit ihren magischen Schild zu aktivieren. Doch außer dem Milchknilch, der mit Riggas Schild Bekanntschaft gemacht hatte, war alles ruhig. Kazia ging zu dem Wesen und nickte. »Saubere Sache. Den hast du erledigt.«

Kazia trug den toten Milchknilch auf ihren Schultern aus dem Wald, während Rigga bereit war, jederzeit mit ihrer Magie einen Schutz zu erzeugen. Doch sie blieben unbehelligt. 

Sie legten das Wesen vor dem gelben Zelt Iso Latotos ab und als er heraustrat, nickte er anerkennend. »Hätte nicht gedacht, dass ihr das schafft. Anscheinend seid ihr wirklich eine Hilfe.«

Er zückte einen Geldbeutel und zählte 10 Große Heldentoken in Kazias Hand. Dann schenkte er Rigga ein breites Lächeln und gab ihr eine weitere Münze. 

Sie spürte sofort die Magie darin und ohne, dass sie sich wehren konnte, zog es sie in die Zukunft, ließ sie durch einen gelben Nebel auf einen Wald blicken. Daraus stampfte ein gelber Held hervor.


  • Es kommt ein gelber Held aus Rotstreifental. 
  • Ein Event, das man schon von den Würfeln her kennt.
  • Ein Speedrun-Event
  • Angebote, die keine sind.
     evtl. 
  • Hexen-Alchemie-Laden
  • Waffenerweckungen 
  • Artefakte, die keiner will.

 


»Ich danke dir, dass du mich gerettet hast«, sagte Kazia, während sie zusammen mit anderen Monsterjägern um ein großes Feuer saßen. Kazia hatte einen Becher bitteren Flechtenbiers und ihre Augen schienen etwas glasig zu werden. Rigga kannte das leider nur zu gut von ihrem Vater und den anderen Ratsherren. 

Iso Latoto stand auf, hielt einen goldenen Becher in die Höhe. »Auf unseren neuen Monsterjäger, die heute tapfer gekämpft haben.«

Alle hoben ihren Becher - auch Kazia - und tranken auf sie. Rigga blickte in das Feuer und dachte an ihre Kammer in der Burg und wie sehr sie Garo vermisste. 

Dennoch fühlte sie sich jetzt hier auch wohl. Sie erkannte nun, dass es eine gute Idee von Volvo gewesen war. Sie würde - schon, um Volvo stolz zu machen - noch jede Menge Monster in diesem Wald erlegen. 

Dann fiel ihr ein, dass sie nun wirklich eine Dummdödelin geworden war.